Ein kurzer Blick auf das, worauf es wirklich ankommt…

Wer mir und meinem Blog schon ein wenig länger folgt, weiß, dass dies nicht mein erster Blogartikel über das Weihnachtsfest ist. Es ist mir einfach wichtig, zum Jahresende über dieses große und wichtige Fest zu sprechen, das mächtig genug ist, um all die Menschen an einen Tisch zu bringen, die sonst nichts miteinander zu tun haben wollen. Aber Spaß und Zynismus beiseite: Weihnachten KANN ein wunderschönes Fest sein. Das kann es. Vorausgesetzt natürlich, dass man Weihnachten das Fest der Liebe und Besinnlichkeit sein lässt. Heute möchte ich dir davon erzählen, was ich über Weihnachten gelernt habe und wie sich dieses Fest für mich von einer reinen Pflichtveranstaltung zu einer willkommenen Feierlichkeit entwickelt hat.

Weihnachten im Taxi

Im Jahr 2012 war ich noch Taxifahrer und ich erinnere mich sehr gut an das Weihnachtsfest vor 7 Jahren. Es war mein erstes Heiligabend im Taxi. Aber keine Sorge, das ist keine traurige Geschichte, denn ich war keineswegs einsam. Tatsächlich hatte ich sogar einen ziemlich guten Plan:

  1. Ich würde all die Menschen zu ihren Familien fahren, die vor Vorfreude bebten.
  2. Dann würde ich bei meiner eigenen Familie zum Abendessen reinschneien und eine gute Zeit haben.
  3. Gegen 23 Uhr würde ich mich wieder hinter das Lenkrad schwingen und all die überglücklichen Menschen nach Hause bringen, die einen wunderbaren Abend hatten.

Keine Sorge, meine Naivität tut nicht nur dir beim Lesen weh. Auch ich muss über mich lachen, während ich diese Zeilen schreibe. Allerdings muss ich auch sagen, dass zwei Dinge an meinem Plan gut funktioniert haben: Erstens hat zeitlich alles gepasst und zweitens war das Essen zu Hause hervorragend (Danke, Mama!). Was das Naive an meinen Idealvorstellungen war, kannst du dir mit Sicherheit schon denken.

1.) Die meisten Menschen haben NICHT vor Vorfreude gebebt. Sie waren gestresst und haben sich auf der Rückbank meines Taxis darüber aufgeregt, zur Familie fahren zu müssen. Nicht wenige sagten mir, sie wären lieber über die Feiertage in den Urlaub geflohen oder hätten sich lieber allein zu Hause verschanzt.

2.) Gefühlt 99% der Menschen, die ich später wieder nach Hause fuhr, waren NICHT glücklich und erfüllt. Sie lästerten über den Rest der Familie. Es fielen Aussagen, wie:

  • „Oh Gott, hast du gesehen, wie fett Beate geworden ist?“
  • „Der Achim hält sich aber auch für was Besseres. Der ist ernsthaft im Anzug aufgetaucht. Wem will der etwas beweisen?!“
  • „Dass der Papa immer seine Ansprachen halten muss. Können wir nicht EIN EINZIGES MAL in Ruhe essen?“

Und dann war da natürlich noch das Geschenke-Dilemma: Hatte jemand ein zu günstiges Geschenk bekommen, hieß es: „Was soll das denn? Mehr bin ich ihm/ihr also nicht wert?“
War das Geschenk zu teuer, hieß es: „Was soll das denn? Will er/sie mir damit reindrücken, dass er/sie mehr Geld als ich verdient?“

Natürlich könnte man mir jetzt Zynismus vorwerfen und sagen, ich sei zu negativ. Aber, weißt du was? Ich war selbst schockiert darüber, bei wie vielen Menschen das der Fall war. Ich erlebte es in dieser Nacht bei beinahe allen und es öffnete mir die Augen.

Weihnachten – die alljährliche Pflichtveranstaltung

Karten auf den Tisch: Ich liebe Weihnachten, aber ich mag nicht, was die Gesellschaft daraus gemacht hat. In erster Linie ist das Weihnachtsfest eine Geschenkebörse und von Überraschungen kann hier keine Rede sein. Die meisten Menschen sagen einander im Vorhinein, was sie haben wollen und stimmen dann miteinander ab, ob das in etwa dem selben Wert entspricht. Jetzt mal ernsthaft, ist das nicht bescheuert? Was hat das noch mit Schenken und Freude zu tun?

Hinzu kommt, dass es einen Grund dafür gibt, warum viele Menschen einander das ganze Jahr über aus dem Weg gehen: Sie mögen sich einfach nicht. Aber an Weihnachten tut man einfach so, als wäre das nicht der Fall und grinst einander verlogen ins Gesicht. Man hält es für ein paar Stunden aus, flieht dann wieder und lästert noch monatelang darüber, wie furchtbar diese Begegnung war.

Und dann wären da natürlich noch die anderen Rituale, abseits von der Bescherung: Es gibt ein traditionelles Weihnachtsmenü, weil es das immer gibt. Wie bitte, du hast dieses Jahr Lust auf etwas anderes? Sorry, das geht nicht. Der erste Artikel unserer Verfassung besagt schließlich, dass es an Heiligabend immer dasselbe geben zu essen muss! Und wehe, du tauchst nicht adrett gekleidet auf. Wer hat dir erlaubt, gemütliche Kleidung anzuziehen? Weihnachten ist doch nicht das Fest der Gemütlichkeit! Moment mal, oder vielleicht doch?

Spaß beiseite: Ich glaube, dass hier eines der grundlegenden Probleme erkennbar wird: Weihnachten ist einengend. Es fühlt sich oft nach Zwang an. Wer macht schon gerne etwas, wozu er gezwungen wird? Kein Wunder, dass so viele Menschen ein Problem mit dem Weihnachtsfest haben. Übrigens habe ich noch gar nicht vom Stress der gesamten Weihnachtszeit gesprochen und es ist vielleicht auch besser, wenn wir ihn hier ausklammern. Schließlich wissen wir alle, dass er ungesund ist.

Zwanglosigkeit – Das ultimative Weihnachtsgeschenk

Was könnte also der Schlüssel zu einem wirklich schönen Weihnachtsfest sein? Mein Ansatz ist Zwanglosigkeit. So habe ich es im Laufe der Jahre geschafft, Weihnachten zu einem völlig stressfreien Ereignis zu machen, auf das ich mich aufrichtig freue.

In erster Linie könnte man es so betrachten, dass man an Weihnachten niemanden sehen MUSS, den man nicht mag. Man könnte es als gute Gelegenheit betrachten, Menschen zu treffen, die man sonst nicht sieht. Man kann sich ehrlich und freundlich auf den neusten Stand der aktuellen Ereignisse bringen und dann wieder friedlich getrennte Wege gehen.
Mein Rat für Fortgeschrittene der Persönlichkeitsentwicklung lautet: Feiere Weihnachten einfach OHNE Menschen, die du nicht magst. Anfangs nicht leicht, aber wunderbar befreiend und ehrlich. (Der ultimative Kick für das Selbstwertgefühl!)

Wieso vergessen wir nicht einfach den Geschenke-Zwang? Ich schenke Menschen immer dann etwas, wenn ich der Meinung bin, dass sie es wirklich gut gebrauchen können. Wenn ich das Gefühl habe, dass ein Freund mal ein offenes Ohr braucht, dann lade ich ihn zum Essen ein und schenke ihm ein wenig meiner Zeit. Dafür brauche ich keinen Feiertag. Wenn ich etwas Schönes sehe, das meiner Frau gefallen könnte, dann kaufe ich es. Warum bis Weihnachten warten? Freunde, uns ist nicht einmal gewiss, ob wir das nächste Weihnachtsfest erleben werden. Das Leben ist JETZT und deshalb sollte es auch JETZT genossen werden. Deshalb brauche ich auch keine Weihnachtsgeschenke. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich schon etwas mitbringen werde, wenn es von Herzen kommt. Und so werde ich an Weihnachten mit Nussecken und Kuchen an der Türschwelle meiner Familie stehen, anstatt mein Sparschwein für einen neuen Fernseher zu plündern.

Wieso lassen wir das Weihnachtsfest nicht einfach einen gemütlichen, freundschaftlichen Anlass sein, um gemeinsam eine gute Zeit zu haben? Wenn ich mir vorstelle, stramm wie das Huhn auf der Stange am Esstisch meiner Eltern zu sitzen und mein bestes Grinsen aus der Tube zu präsentieren, läuft es mir eiskalt den Rücken herunter. An Weihnachten will ich etwas Gemütliches tragen und mir den Bauch vollschlagen. Irgendwie muss man ja würdigen, dass da jemand stundenlang am Herd stand 😉
Ich möchte mit meiner Nichte und ihren Stofftieren auf dem Boden liegen und spielen. Einfach mal genießen, dass ich gerade nicht arbeite und die anderen fragen, was ich in den letzten Monaten verpasst habe, als wir alle aufgrund des Alltags nur wenig Zeit füreinander hatten.

Zwanglosigkeit, Ehrlichkeit, Aufmerksamkeit und Zeit – Für mich stehen diese Dinge ganz oben auf der Zutatenliste für ein gelungenes Weihnachtsfest. Am Ende sind das auch nur Tage wie alle anderen. Wenn wir sie besonders machen wollen, dann erreichen wir das nicht mit Zwängen und Pflichten. Wir schaffen das durch die soeben genannten Zutaten. So erschaffen wir unvergessliche Momente, an die man sich immer gerne erinnern wird.

Frohe Weihnachten

NATÜRLICH ist das Weihnachtsfest nicht für alle Menschen unangenehm. Wir wissen aber auch, für wie viele Menschen es Stress, Zwang und Ärger bedeutet. Mein Blogartikel soll ein kleiner Beitrag zu einer schönen und besinnlichen Weihnachtszeit sein. Ich weiß, wovon ich spreche, denn es gab eine Zeit, in der Weihnachten für mich der blanke Horror war. Heutzutage genieße ich dieses Fest in vollen Zügen. Wie ich das geschafft habe, habe ich dir soeben beschrieben und ich hoffe, dass mein Ansatz vielen anderen Menschen eine Inspiration sein wird.

Und nun möchte ich mir nicht nehmen lassen, dir ein wunderbares, friedliches, erholsames und hoffentlich zwangloses Weihnachtsfest zu wünschen. Lass es dir gut gehen!

Es ist schön, dass du dabei bist.
Michael

 

Titelbild: Unsplash.com, Denise Johnson