Denn sie sind nicht mehr so selbstverständlich wie sie mal waren…

Es gibt viele schöne Dinge im Leben, die zu wenig Wertschätzung erfahren, das ist uns allen klar. Die meisten von uns schätzen es zu wenig, jeden Morgen gesund aufzuwachen und einen ganzen Tag voller Möglichkeiten vor sich zu haben. Wir nehmen es als gegeben hin, nur an einem Knopf drehen zu müssen, um Zugriff zu sauberem Wasser zu haben. Wir werfen unseren Müll in Tonnen, ohne darüber nachdenken zu müssen, wie er verschwindet. Wir erachten die wertvollsten Menschen in unserem Umfeld als selbstverständlich und begreifen oft nicht, wie unglaublich wertvoll ihre Liebe, Freundschaft und Aufmerksamkeit sind. Manchmal scheinen wir geradezu blind durch das Leben zu gehen.

All diese Dinge sind offensichtlich. Wir alle wissen, dass wir ihnen zu wenig Achtsamkeit widmen. Im heutigen Artikel geht es nicht darum, diese Themen noch einmal aufzuwärmen. Es geht um etwas anderes.

In diesen Zeiten voller Krisen und Herausforderungen haben sich für mich neue Privilegien herauskristallisiert, die ich mein ganzes Leben lang für selbstverständlich gehalten habe. Und nun, da sie alle mehr oder weniger gefährdet sind, betrachte ich sie aus einer ganz anderen Perspektive. Ich möchte diese Dinge von nun an mehr wertschätzen und genießen. Dankbar dafür sein.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass auch du dich in einigen dieser alltäglichen Privilegien wiederfinden könntest und somit hoffe ich, auch deine Achtsamkeit und Wertschätzung mit diesem Artikel wecken zu können.

 

1. Langfristiges Planen

Bis vor kurzer Zeit war es vor allem in der Geschäftswelt völlig üblich, Pläne für die nächsten 5, 10 oder auch 20 Jahre zu machen. Auch ich lege Wert darauf, in meinen Unternehmungen klare Zielsetzungen und Leitfäden zu haben, um eine kontinuierliche Weiterentwicklung zu gewährleisten. Das Planen war stets eine Selbstverständlichkeit. Man setzte sich ein Ziel und ging fest davon aus, dieses auch erreichen zu können.

In letzter Zeit merken wir jedoch, dass der Blick in die Zukunft durch einen starken Schleier vernebelt wird. Die Angst vor weiteren Kriegen, Pandemien, Wirtschaftskrisen, Umweltkatastrophen und anderen Horrorszenarien ist so greifbar wie seit sehr langer Zeit nicht mehr. Dieser Umstand verunsichert uns und macht sämtliche Planungen schwieriger. Ganz aktuell bekomme ich das an meinen Büchern zu spüren. Heute, am 29.07.2022 wäre eigentlich die Veröffentlichung meines neuen Buches „Es ist nicht deine Schuld“ gewesen. Aber die aktuellen Umstände haben Produktion und Logistik erheblich erschwert, und ich kann immer noch nicht genau voraussehen, wann alles geschafft sein wird. Dies ist nur ein Beispiel von vielen, das aktuell mich persönlich betrifft.

Aber nicht nur im Geschäft ist das Planen erschwert. Vielen von uns fällt es schwer, überhaupt eine Zukunft zu sehen. Es ist nicht mehr selbstverständlich, eine Vision für seine nächsten Lebensabschnitte zu erstellen. Wir wussten noch nie genau, was die Zukunft bringen wird und das war immer okay für uns. Das gehört zum Leben dazu. Wir waren trotzdem immer zuversichtlich. Gingen davon aus, dass alles gut sein würde. Aber nun, da die potenziellen Gefahren sich zu häufen scheinen, wachsen auch Skepsis, Zweifel und Sorge…

Mein Leben mit Leichtigkeit zu planen, ist ein Privileg, das ich mehr wertschätzen möchte und ich freue mich auf Zeiten, in denen wir wieder mehr Planungssicherheit und Zuversicht haben werden.
Trotz aller Unsicherheiten sollten wir uns dennoch nicht die Freude am Leben nehmen lassen. Das Leben ist immer noch ein Abenteuer, ebenso wie das Erkunden der Zukunft.

 

2. Reisen

Unsere Erde ist so groß und unfassbar schön, dass es einfach schade ist, immer nur am selben Fleck zu bleiben. Wie viele bereits wissen, liebe ich es zu reisen. Dabei geht es nicht darum, lange an einem Ort zu bleiben oder seine Zeit in teuren Hotels zu verbringen. Es geht mir wirklich um das Reisen. Um die Fortbewegung. Darum, viel zu sehen und zu entdecken.

Beim Reisen gab es schon immer Einschränkungen. Es gab schon immer Länder und Regionen, die aufgrund von Krieg oder einer angespannten politischen Lage gemieden wurden. Doch heute ist das Reisen weniger selbstverständlich denn je.

Naturkatastrophen, Einschränkungen aufgrund der Pandemie, Krieg und andere Einflussfaktoren machen es schwierig, die nächste Reise anzutreten oder gar zu planen (wo wir wieder beim langfristigen Planen wären).

Deshalb möchte ich das Privileg des Reisens mehr wertschätzen und umso achtsamer mit der Situation umgehen, wenn ich das nächste Mal wieder auf Tour bin. Was um uns herum geschieht, sollte uns nicht daran hindern, unsere Wünsche zu erfüllen. Aber ich denke, dass es nicht schaden kann, wenn uns all diese Umstände mehr Wertschätzung und Dankbarkeit verleihen.

 

3. Sorglosigkeit

Was waren das noch für schöne Zeiten, als das größte Ärgernis des Tages war, dass der Arbeitskollege wieder den letzten Joghurt aus dem Bürokühlschrank gemopst hat…

Wir haben uns schon immer Sorgen gemacht. Irgendetwas gab es immer, das uns beschäftigt und vor Herausforderungen gestellt hat. Doch im Moment scheint es so, als würden wir täglich mit neuen Problemen bombardiert werden. Sich die Nachrichten anzusehen, ist wirklich eine Zerreißprobe für die Nerven. Das geht nicht spurlos an uns vorbei. Viele leiden unter enormen Existenzängsten.

Nun, da die Inflation weiter steigt und sich die Energiekosten dramatisch erhöhen werden, fragen sich viele, wie sie überhaupt ihre Grundsicherung gewährleisten sollen. Das ist kein Problem, das man von sich wegschieben kann. Keine Sorge, über die man einfach hinwegsieht. Es ist ein ganz reales Problem, das uns dazu zwingt, umzudenken, Kompromisse zu machen, uns an der ein oder anderen Stelle einzuschränken und wachsamer durch das Leben zu gehen.

An dieser Stelle könnte ich noch zahlreiche andere Sorgen und Bedrohungen aufzählen, aber das wäre sinnlos. Erstens, weil ich die Stimmung nicht noch weiter drücken möchte und zweitens, weil ich den negativen Gedanken keine zu große Bühne schenken will.

Stattdessen möchte ich der guten alten Sorglosigkeit mehr Wertschätzung beimessen. Es gibt auch immer wieder leichte Phasen im Leben, in denen einfach alles gut ist und man völlig unangespannt durch den Tag geht. Wir sollten uns nicht nur auf diese Phasen freuen, sondern sie auch viel mehr schätzen.

 

Hab keine Angst

Angst und Sorgen sind schlechte Ratgeber. Sie weisen uns darauf hin, dass es ein Problem gibt, aber sie lösen es nicht. Deshalb versuche ich – auch in Phasen großer Sorge – lösungsorientiert und clever zu denken.

Ein entsprechender Ansatz liegt darin, das Positive im Negativen zu suchen. Heute tun wir das, indem wir Wertschätzung entwickeln. Wertschätzung für Dinge, Umstände und Situationen, die wir sonst als selbstverständlich erachten würden. Es ist schön etwas zu haben, wofür man dankbar sein kann. Das ist sehr tröstlich.

Ein einfacher Blick in die Geschichtsbücher zeigt uns, dass das Leben schon immer ein Auf und Ab war. Jede Generation hatte mit ihren ganz eigenen Herausforderungen zu kämpfen, genauso wie jede Generation besonders schöne Phasen und Momente hatte. So ist das Leben einfach. Deshalb möchte ich keine Weltuntergangsstimmung verbreiten, sondern uns dazu ermutigen, schwierige Phasen als unvermeidliche Entwicklungen und als Teil eines großen Prozesses zu sehen.

Es gibt noch sehr viele andere Dinge, die ich künftig mehr wertschätzen möchte, weil sie nicht selbstverständlich sind. Und wenn schwierige Zeiten der Preis dafür sind, dass ich mehr Dankbarkeit, Achtsamkeit und Herzensfreude in mein Leben bringe, dann wird das am Ende des Tages schon in Ordnung sein. Ohne Schmerz gibt es kein Wachstum.

Vermutlich sind dir beim Lesen auch noch viele Gedanken zu dem gesamten Thema gekommen. Vielleicht sind dir ja auch noch einige Aspekte des Lebens eingefallen, die du künftig mehr schätzen und achten möchtest. Das würde mich zumindest sehr freuen.

In der Hoffnung, dich ein wenig inspiriert zu haben, verabschiede ich mich ins Wochenende. Bleib gesund und lass es dir gut gehen.

Es ist schön, dass du dabei bist.
Michael

 

Titelbild: Unsplash.com, Marcos Paulo Prado