Ein paar Gedanken über das Selbstwertgefühl…

Stell dir bitte vor, ich würde dich zu Hause besuchen kommen und du würdest freundlicherweise anbieten, uns etwas Schönes zum Abendessen zu kochen. Was würde es sein? Bitte nimm dir einen kurzen Moment, um darüber nachzudenken. Was ist dein Lieblingsessen? Womit würdest du mich überraschen? Hast du bereits eine Idee? Schwebt dir ein Gericht vor? Sehr gut.

Nun stellen wir uns vor, dass du dieses Gericht sorgfältig zubereitest. Beim Abschmecken stellst du fest, dass es dir diesmal sogar ganz besonders gut gelungen ist. Du freust dich bereits auf unser gemeinsames Abendessen. Als es endlich so weit ist, probiere auch ich vom Essen. Leider bin ich in diesem hypothetischen Szenario ein unhöflicher Gast und sage: „Danke für deine Mühen, aber leider ist das Essen gar nicht mein Fall. Leider schmeckt es mir nicht.“

Ein furchtbar unangenehmer Moment, nicht wahr? Aber lass uns die soziale Dynamik eines solchen Moments gerade mal außer Acht lassen. Stattdessen würde ich mich gerne mit dir auf einen anderen Punkt konzentrieren: Es wäre dir höchstwahrscheinlich unangenehm, wenn mir dein Lieblingsessen nicht schmecken würde. ABER – und jetzt wird es interessant – würde dir das Gericht deshalb weniger schmecken? Würdest du es künftig nicht mehr mögen? Würdest du dieses Essen, das du kurz zuvor noch absolut köstlich gefunden hast, plötzlich ablehnen?

Was für eine dumme Frage, nicht wahr? Selbstverständlich würde dir dieses Essen immer noch schmecken. Die Tatsache, dass es meinen Geschmack nicht trifft, ändert nicht deinen Geschmack. Völlig logisch, oder?

Aber wenn dieser Sachverhalt doch so logisch ist, dann wüsste ich gerne das Folgende von dir: Warum um alles in der Welt fangen wir an, an uns selbst zu zweifeln und uns selbst abzulehnen, wenn wir den Geschmack unserer Mitmenschen nicht treffen? Warum zerstört es unser Selbstwertgefühl, wenn andere uns nicht mögen?

 

Eine einfache Perspektive auf das Selbstwertgefühl

Ich habe es schon oft gesagt und ich werde mich gerne wiederholen: Es gibt so viele wunderbare, ganz und gar bezaubernde Menschen da draußen, die glauben, sie seien wertlos. Warum? Weil dumme Menschen mit einem schlechten Geschmack ihnen eingeredet haben, sie seien nicht gut genug.
Das ist einfach ungerecht. Es macht mich krank und lässt mich schlecht schlafen. Es ist einer der Gründe, warum ich das mache, was ich hier mache.

Anstatt zu verstehen, dass die Meinung anderer am Ende des Tages nichts als eine Meinung ist, nehmen wir uns das Urteil unserer Mitmenschen zu Herzen. Wir passen unsere Persönlichkeit daran an. Wir lassen uns aus dem Gleichgewicht bringen und vergessen, wer wir wirklich sind.

Hinter jedem schwierigen Prozess steht ein simples Konzept. Wie grausam, wenn man mal in Ruhe darüber nachdenkt. Beispiel gefällig? Gewicht zu verlieren, ist verdammt schwer. Man braucht Disziplin, Ausdauer und einen gut durchdachten Plan. Das Konzept dahinter könnte jedoch kaum simpler sein: Nimm weniger Kalorien zu dir als du verbrauchst. Ende. Das war es schon.

Genauso steht hinter einem gesunden Selbstwertgefühl ein simples Konzept, passend zu einem verdammt schwierigen Prozess: Wir brauchen ein gesundes Selbstbewusstsein. Das heißt im Klartext, dass wir unser Selbstbild nicht davon abhängig machen, was andere über uns denken, sondern selbst über unsere Identität entscheiden. Wir müssen selbst anerkennen, was wir gut an uns finden. Wir müssen unsere Stärken und unsere Schwächen kennen. Unsere Wünsche und Ziele klar definieren. Wir müssen Freundschaft mit uns schließen und uns akzeptieren, so wie wir sind. Und dann müssen wir dieses Selbstbild verteidigen.

 

Die Meinung anderer ändert nicht, wer du bist

Ich möchte das Ganze noch einmal stark vereinfacht zusammenfassen: Wenn du ein bestimmtes Gericht köstlich findest, kann die Meinung anderer dir nicht den Geschmack daran nehmen. Sogar dann, wenn jemand dieses Essen geradezu abstoßend findet, lässt du dir nicht den Appetit verderben. Dir ist klar, dass diese Person nicht essen muss, was du gerne isst. Es steht ihr offen, jedes andere Gericht der Welt zu probieren und Freude daran zu finden.

Wenn du von dir selbst überzeugt bist, kann die Meinung anderer dir nicht die Freude daran nehmen, du selbst zu sein. Sogar dann, wenn jemand absolut nicht mit dir klarkommt, lässt du dich nicht aus der Ruhe bringen. Dir ist klar, dass diese Person nicht verpflichtet ist, dich zu mögen, und dass du nicht verpflichtet bist, ihr zu gefallen. Es gibt 8 Milliarden andere Menschen auf der Welt, bei denen diese Person Anschluss finden kann.

Die Grundvoraussetzung für diese Perspektive ist, DASS du von dir überzeugt bist. Deshalb möchte ich dir von Herzen den folgenden Rat geben: Lass deine Identität nicht von anderen bestimmen. Lass dir nicht sagen, wer du bist, was du kannst oder auch nicht. Entdecke selbst, wer du bist und fang an, das Gute an und in dir zu sehen. Schließe Freundschaft mit dieser einzigartigen Persönlichkeit, die du in dir entdeckst. Und wenn du das getan hast, dann lass dich nicht von Leuten aus dem Konzept bringen, die einen anderen Geschmack haben als du.

An anderer Stelle schrieb ich mal: Harry Potter ist eines der erfolgreichsten Bücher aller Zeiten, und trotzdem gefällt es nicht allen. Pizza gehört zu den wunderbarsten Dingen auf der Welt, die man essen kann, und trotzdem gefällt sie nicht allen.
In einer Welt, in der Harry Potter und Pizza nicht allen gefallen, können du und ich auch nicht allen gefallen. Das heißt nicht, dass wir schlecht sind. Es heißt lediglich, dass Geschmäcker unterschiedlich sind.

Am Ende des Tages gibt es nur eine Meinung über dich wirklich zählt, und das ist deine eigene.

In diesem Sinne: Lass dich nicht unterkriegen.

 

Es ist schön, dass du dabei bist.
Michael

 

Titelbild: Unsplash.com, Jenelle