…und was wir von Kindern lernen sollten!

Vor ein paar Wochen endeten die Sommerferien in NRW. Mit Beginn des neuen Schuljahres wurden viele Schülerinnen und Schüler zum ersten Mal eingeschult. Dazu gehörte auch meine Nichte.
Als ich bei der Einschulungsfeier all die Kinder sah, musste ich lächeln. In erster Linie, weil es absolut unglaublich ist, dass wir alle auch mal so klein waren und auf diese winzigen Stühle gepasst haben 😉
Aber ernsthaft, was mich am meisten zum Lächeln brachte, war die Beobachtung, wie unbeschwert und fröhlich all diese Kinder aussahen. Sie waren aufgeregt, neugierig und voller Vorfreude. Sie wirkten bereit für das große Abenteuer, das nun für sie beginnen sollte.

Das ließ mich darüber nachdenken, wie anders Kinder an das Leben herantreten und wie viel einfacher die Welt in ihren Augen ist. Das lässt sich natürlich sehr leicht erklären, denn Kindern fehlt schlicht und einfach die Lebenserfahrung der Erwachsenen. Sie können sich Aufgeschlossenheit und eine kindliche Naivität erlauben, weil es in der Regel immer jemanden gibt, der sie vor Schaden bewahrt und die Konsequenzen trägt. Wir als Erwachsene haben gelernt, vorsichtig zu sein. Wir können es uns nicht erlauben, den Alltag auf dieselbe Weise anzugehen wie ein Kind. Oder vielleicht doch?

 

Von Kindern lernen

Mit diesem Blogartikel möchte ich nicht sagen, dass wir uns wie Kinder benehmen sollten. Absolut nicht. Ich finde lediglich, dass Kinder gewisse natürliche Eigenschaften und Verhaltensweisen an den Tag legen, die für uns sehr inspirierend sein können. An ihnen ist etwas sehr Unschuldiges und Wunderbares, das wir im Laufe der Jahre verlieren. Wie gesagt, es lässt sich leicht erklären, warum wir die Unbeschwertheit ablegen. Das heißt jedoch nicht, dass wir einen Teil davon nicht zurückerlangen können.

 

1. Echte Neugierde und ein unstillbarer Wissensdurst

Kinder haben viele Fragen, das weiß jeder. Viele finden diese ewige Fragerei nervig und lassen Kinder das auch wissen. In meinen Augen ist das ein großer Fehler. Sobald Kinder das Gefühl bekommen, dass ihre Neugier zu Problemen mit anderen führt, hören sie auf, Fragen zu stellen. Dabei ist ein authentischer Wissensdurst unglaublich wichtig für die Entfaltung des Geistes und des Intellekts. Alles zu hinterfragen und alles selbst herausfinden zu wollen, ist eine der wertvollsten Fähigkeiten des Menschen.

Der natürliche Entdeckergeist hat fast schon etwas Romantisches, wie ich finde. Die Welt durch die eigenen Augen erkunden wollen, jedes noch so kleine Geheimnis lüften und jeden Tag ein paar neue Puzzleteile sammeln, die einem dabei helfen, das große Ganze zu verstehen. All das macht das Leben zu einem großen und spannenden Abenteuer. Und genau das ist es auch für die meisten Kinder! Also werfe ich einfach mal die Frage in den Raum: Wann haben wir aufgehört, Fragen zu stellen und zu entdecken? Und warum?

Da draußen gibt es so viele Menschen, für die das Leben kein Abenteuer mehr ist. Sie lernen nichts Neues mehr dazu und scheinen auch keine Lust darauf zu haben. Viele stecken in einem immer gleichen Trott fest und funktionieren, anstatt zu leben. Neue Horizonte können sich uns jedoch nur dann erschließen, wenn wir wieder auf Entdeckung gehen.

Wir sollten mehr Fragen stellen. Wir sollten die Informationen, die wir haben, hinterfragen. Uns öfter eine eigene Meinung bilden.
Wenn wir bereit dazu sind, jeden Tag etwas Neues zu lernen, ist unsere Weiterentwicklung garantiert. Da wir im Informationszeitalter leben, war es niemals zuvor so leicht, sich weiterzubilden.

Also ja, wir können definitiv etwas von Kindern lernen. Es ist inspirierend, wie sie – angetrieben von einer natürlichen Neugier – versuchen, die Welt zu verstehen.

 

2. Freude an den einfachsten Dingen

Meine Nichte ist sechs Jahre alt. Spaziergänge mit ihr erinnern mich daran, wie viele Freuden des Lebens wir im Alltag übersehen. Sie freut sich über die Farben der Blätter an den Bäumen, über einzelne Blümchen am Wegesrand, oder auch einfach nur darüber, ein Eichhörnchen zu sehen. Für sie sind das alles kleine Wunder.

Darüber hinaus saß ich neulich im Schneidersitz auf dem Boden und nahm an ihrem imaginären Kaffeekränzchen teil. Während ich einem Spielzeug-Meerschweinchen die Haare bürstete und sah, wie sie strahlte, wurde mir klar, wie einfach es ist, ihr eine Freude zu machen. Ein wenig Zeit, ein wenig Aufmerksamkeit und etwas Liebe reichen bereits aus. Kinder verstehen unterbewusst, dass dies die wertvollsten Geschenke sind, die man einander machen kann.
Doch wenn wir einem Erwachsenen ein Geschenk machen wollen, gehen wir in die Parfümerie und kaufen einen Gutschein…

Und da ich gerade das Materielle ansprach, fällt mir ein: Bei der eben genannten Einschulungsfeier bemerkte ich einen kleinen Jungen, der vor Vorfreude vibrierte und den anderen erzählte, er könne es kaum erwarten, bald seinen neuen Anspitzer ausprobieren zu dürfen. Das hat mich zum Lächeln gebracht. Wenn man mal bedenkt, was für große materielle Anschaffungen wir als Erwachsene brauchen, um uns freuen zu können…
Also, ich für meinen Teil kann mich zumindest nicht daran erinnern, in letzter Zeit wegen eines Spitzers in Entzückung geraten zu sein 😉

Von Kindern lernen wir, dass es nicht viel braucht, um glücklich und erfreut zu sein.

 

3. Echte Toleranz und Unvoreingenommenheit

Im Jahr 2017 ereignete sich ein interessanter Vorfall in der Stadt Louisville, im Bundesstaat Kentucky der USA. Zwei fünfjährige beste Freunde waren aus der Vorschule abgehauen, um zum Friseur zu gehen. Der Grund: Sie wollten ihrer Lehrerin einen Streich spielen. Sie waren der festen Überzeugung, dass die Lehrerin sie nicht mehr voneinander unterscheiden könnte, wenn sie dieselben Frisuren hätten.

Das Außergewöhnliche an der Geschichte? Der eine Junge ist hellhäutig und blond, der andere dunkelhäutig und schwarzhaarig.

Für die beiden spielten Haut- und Haarfarben keine Rolle. Sie sind einfach Brüder im Geiste, die die Ähnlichkeiten ineinander sahen. Das sagt sehr viel darüber aus, wie Kinder die Welt sehen.

 

4. Grenzenlose Fantasie

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Zumindest, wenn wir noch jung sind. Mit fortschreitendem Alter lernen wir die „Grenzen des Machbaren“ kennen, wie auch immer die für jeden einzelnen von uns aussehen mögen. Doch als Kinder fantasieren wir noch ohne jegliche logische Einschränkung.
Das erinnert mich daran, wie ich mir im Alter von etwa sieben Jahren vornahm, eine Treppe zu bauen, die bis in den Himmel reichen sollte. Ich fand nämlich den Mond so faszinierend und wollte ihn mir aus der Nähe ansehen. Naja, zumindest hatte ich bereits damals eine gesunde Arbeitsmoral 😉

Wir setzen uns viel zu oft Grenzen. Die meisten davon sind unnötig oder ungerechtfertigt. Wir limitieren uns selbst, indem wir aufhören, große Ziele und Träume zu haben.
Wenn wir träumen, als ob es keine Einschränkungen gäbe, eröffnen wir ganz neue Perspektiven und Möglichkeiten. Selbstverständlich ist vieles nicht möglich. Aber es ist auch sehr vieles nicht unmöglich, und das sollten wir nicht aus den Augen verlieren.

Auch das ist etwas, woran Kinder uns regelmäßig erinnern.

 

5. Mut, Fehler zu machen

Kinder sind der Beweis dafür, dass wir dazu gemacht sind, aus Fehlern zu lernen. Sie haben keine falschen Erwartungen, keine Angst vor Misserfolg, keine Angst vor Zurückweisung und erst recht keine finanziellen Sorgen.
Sie sind neugierig. Sie wollen etwas ausprobieren und herausfinden. Wenn es klappt, dann erweitern sie erfolgreich ihren Horizont. Wenn es nicht klappt, dann lernen sie, wie es nicht funktioniert. So einfach ist das.

Fairerweise muss ich sagen, dass wir als Erwachsene im Alltag eine deutlich größere Verantwortung tragen. ABER es geht um das Prinzip.

Die meisten Menschen haben Angst vor Risiken. Verständlich. Aber auch, wenn ein Schiff im Hafen am sichersten steht, wurde es dennoch nicht dafür gebaut…

 

Kleine Menschen, große Inspiration

Selbstverständlich können Kinder uns nicht vormachen, wie wir unser Leben zu führen haben. Aber dennoch ist es erstaunlich, welche große Inspiration von diesen kleinen wunderbaren Menschen ausgehen kann, wenn wir genau hinsehen. Die Gedanken aus diesem Blogartikel sind für mich auf jeden Fall ein Anlass, mit meinem inneren Kind in Kontakt zu treten und zu versuchen, gewisse Aspekte meines Lebens aufgeschlossener anzugehen.

Ich hoffe, dass diese Zeilen auch auf dich eine inspirierende Wirkung haben und wünsche dir ein wunderschönes Wochenende!

 

Es ist schön, dass du dabei bist.
Michael

 

 

Titeilbild: Unsplash.com, Jordan Whitt