Eine Frage, die sich viele Menschen früher oder später stellen müssen…

Neulich erzählte mir jemand von seinem „frugalen“ Lebensstil. Das bedeutet, dass er extrem sparsam lebt. So sparsam wie möglich, um genau zu sein. Sein Ziel ist es, jetzt auf viele Annehmlichkeiten zu verzichten und dafür früher in Rente gehen zu können oder später im Alter wohlhabend zu sein. Tatsächlich ist dieser Lebensstil heutzutage beliebter, als man glauben würde. Viele Menschen entscheiden sich dazu, auf alle unnötigen Ausgaben zu verzichten und das übrig gebliebene Geld entweder unter das Kopfkissen zu legen oder auf den Finanzmärkten zu investieren, damit es sich langfristig vermehrt. Wie genau man das nimmt und wie akribisch man auf sein Geld schaut, ist dabei natürlich jedem selbst überlassen.

Als wir darüber sprachen, musste ich an den amerikanischen Unternehmer MJ Demarco denken, dessen Buch „The Millionaire Fastlane“ ich vor einigen Jahren gelesen habe. In diesem Buch beschreibt er, dass man uns vorrechnet, wir könnten im Alter reich sein, wenn wir jeden Monat so viel Geld wie möglich in bestimmte Aktienfonds investieren. Das ist sogar sehr gut möglich. Wer kontinuierlich spart und eine annehmbare Wachstumsrate für sein Gespartes bekommt, kann sich nach ein paar Jahrzehnten über ein ordentliches Sümmchen freuen. Dabei gibt es jedoch auch ein paar offensichtliche Haken. Für Demarco ist der größte Haken der folgende: Was bringt es, sich im Alter von 70 Jahren einen Ferrari leisten zu können, wenn man es dann vermutlich nicht einmal mehr schafft, einzusteigen? Für ihn ist es wichtig, bereits in jungen Jahren viel Spaß zu haben und seine Träume zu verwirklichen. Ich muss zugeben, dass dieses Argument mich damals in meiner Anfangszeit als Unternehmer sehr nachdenklich gestimmt hat. Es ist sicherlich ein erwähnenswerter Gedanke, den man dem Frugalismus durchaus gegenüberstellen kann.

Ein noch größerer Haken

Für mich persönlich gibt es einen viel tiefgreifenderen Haken an der Philosophie, jetzt auf Genuss zu verzichten, um später umso mehr genießen zu können: Kein Tag ist selbstverständlich. Das Leben ist so kurz und fragil, dass es mir fast schon arrogant erscheint, die nächsten 40 Jahre als selbstverständlich zu betrachten. Klar, ein gesunder Optimismus sollte nicht schaden. Allerdings beweist das Leben uns immer wieder, wie unberechenbar es ist. Alles, was wir haben, ist der Moment. Wir leben JETZT. Wenn wir uns jedoch jetzt einschränken und all unsere Hoffnungen in die Zukunft legen, legen wir damit auch unser Lebensglück auf sehr dünnes Eis.

Warum sollten wir immer auf das Glück warten oder es planen? Wieso können wir nicht heute schon glücklich sein? Natürlich gibt es Dinge, für die sparen oder geduldig sein müssen. Kaum jemand kann sich einfach mal so sein Traumhaus bauen oder kaufen. Das sind offensichtliche Ausnahmen.
Aber, was ist mit den kleinen Dingen des Lebens? Wieso sollte ich heute verzichten, um vielleicht irgendwann einen noch größeren Genuss zu haben? Wieso auf einen Urlaub sparen, der in 5 Jahren stattfinden soll und mir deshalb untersagen, heute schon einen Wanderausflug zu machen?
Warum sollte ich mich jahrelang von kleinen Portionen minderwertiger Lebensmittel ernähren, um eines Tages vielleicht die Chance auf luxuriöse Speisen zu haben?

Auf das Wesentliche fokussieren

Mit diesem Artikel möchte ich niemanden dazu ermutigen, heute schon all sein Geld auszugeben oder „unvernünftige“ Entscheidungen zu treffen. Ich werfe einfach eine Frage in den Raum: Wärst du lieber jetzt glücklich und weniger wohlhabend oder würdest du lieber jetzt schon auf Genüsse verzichten, um später wohlhabender zu sein?

Am Ende wird es wohl (wie so oft im Leben) darauf hinauslaufen, eine gesunde Mitte zu finden. Mein Punkt ist einfach, dass ich den Gedanken traurig finde, mein Leben nicht zu genießen und stets darauf zu hoffen, es möge eines Tages besser sein.

Wir sollten wieder anfangen, uns über die kleinen Dinge zu freuen. Gestern erst habe ich mir zwei Schalen Erdbeeren für 7,50€ gekauft. Ja, auch ich finde, dass das ziemlich teuer ist. Vielleicht hätte ich mir davon eine günstige Aktie kaufen können. Ich hätte dafür auch mehr als ein Kilo Nudeln bekommen. Aber, weißt du was? Ich hatte Lust auf Erdbeeren und sie waren köstlich. Ich bin einfach dankbar für das Privileg, diese Freiheit zu haben. Vor allem bin ich dankbar für JETZT. Denn die Erdbeeren haben in diesem Moment unglaublich gut geschmeckt. Es wäre ein Jammer, noch 30 Jahre darauf warten zu müssen…

Ich bin immer dafür, einen Versuch zu wagen und JETZT das Beste aus dem Leben zu gewinnen. In meinen Coachings ermutige ich meine Mitmenschen immer zur Veränderung und zum Neuanfang. Das Leben ist ein Abenteuer, das gelebt werden will. Für mich persönlich (und das ist nur meine Meinung) ist es keine schöne Vorstellung, eines Tages in einem Ferrari zu sitzen und daran zu denken, dass ich jahrelang nichts als Reis mit Ketchup gegessen habe, um diesen Punkt zu erreichen. Allen, denen es ähnlich geht, möchte ich den folgenden Rat geben: LEBE! Hab natürlich immer einen realistischen Blick auf das, was noch kommt. Denk aber auch daran, dass kein einziger Tag selbstverständlich ist. Jeden Tag verlassen so viele Menschen ganz unerwartet das Leben. Keiner von ihnen hat das geplant. Lass uns also dankbar dafür sein, dass wir hier sind und die Möglichkeit haben, das Leben zu genießen.

Zum Schluss noch eine kleine Klarstellung, für alle Frugalisten (nennt man das so?), denen ich auf den Schlips getreten bin: Ich hoffe, das Prinzip nicht falsch verstanden zu haben. Natürlich ist mir klar, dass Frugalismus mehr ist als jeden Tag Reis mit Ketchup zu essen. Hoffentlich habe ich das nicht zu einseitig dargestellt. Meine Intention ist nicht, dieses Thema in der Tiefe zu behandeln, sondern zu verdeutlichen, dass wir nie mit etwas rechnen sollten, das wir noch nicht haben. Und genau das könnte der „Reichtum“ in ein paar Jahrzehnten sein. Ich nehme lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Soll heißen: Ich genieße JETZT und ich lege jedem Menschen nahe, das ebenfalls in Erwägung zu ziehen.

In diesem Sinne: Viel Spaß!

Es ist schön, dass du dabei bist.
Michael

 

Titelbild: Unsplash.com, Matt Lamers