Damit du dir nicht immer alles zu nahe gehen lässt…

Es vergeht kaum ein Tag, an dem man nicht von irgendjemandem kritisiert wird. Egal, ob auf der Arbeit oder im Kreise von Freunden und Familie. Immer hat jemand etwas zu meckern. Kommt dir das bekannt vor? Keine Sorge, nicht nur dir. Für die allermeisten Menschen ist Kritik ein fester Bestandteil des Alltags und sie alle reagieren unterschiedlich darauf. Manche lassen sich von der Kritik herunterziehen und werden depressiv. Sie verlieren jegliches Selbstwertgefühl und versuchen krampfhaft, sich den anderen anzupassen, um fortan nicht mehr kritisiert zu werden. Andere weisen jegliche Kritik von sich und lassen nichts an sich heran. Sie bauen einen undurchdringlichen emotionalen Panzer auf. Das schützt sie zwar davor, verletzt zu werden, sorgt aber gleichzeitig auch dafür, dass sie keinen guten Rat mehr annehmen. Sie berauben sich der Möglichkeit, fehlerhaftes Verhalten zu erkennen oder von anderen zu lernen.

Deshalb ist es so wichtig, mit Kritik richtig umzugehen. Wie bei so Vielem im Leben muss man hier seine richtige Mitte finden. Genau dabei soll dir dieser Blogartikel eine Hilfe sein!

Mit Kritik umgehen – Schritt 1: Kategorisieren

Zu allererst sollten wir die „Kritik“, die wir erfahren, einordnen. Es gibt da viele Kategorien, aber wenn ich es ganz grob aufteilen muss, würde ich sagen, dass es drei Arten von Kritik gibt:

  1. Beleidigungen
  2. Gut gemeinte, aber schlecht geäußerte Kritik
  3. Konstruktive Kritik

Um das zu verdeutlichen, werde ich einfach mal als Modell bereitstehen. Wir spielen jetzt ein Szenario durch, in welchem ich als Coach kritisiert werde. Hierfür gebe ich drei Beispiele aus den jeweiligen Kategorien. Wie würde die entsprechende Kritik aussehen?

Fall 1 (Beleidigung):

„Michael, dein Coaching ist scheiße!“

Fall 2 (Gut gemeinte, aber schlecht geäußerte Kritik):

„Michael, ich finde dein Coaching nicht so gut. Das könntest du besser machen.“

Fall 3 (Konstruktive Kritik):

„Michael, du hast einen guten Ansatz, aber ich hätte einen größeren Mehrwert, wenn du mehr auf mich eingehen würdest. Deine Fallbeispiele sind zu allgemein. Könnten wir das beim nächsten Mal mehr auf meine persönliche Situation übertragen?“

Fazit:

Wie du dir schon denken kannst, sind Beleidigungen absolut wertlos. Sie sind nicht nur unhöflich, sondern auch unnütz. Sie helfen der kritisierten Person kein Stück weiter. Würde mir jemand sagen, mein Coaching sei scheiße, würde ich das an mir abprallen lassen. Warum? Nicht, weil ich arrogant bin und keine Kritik annehme. Sondern, weil diese Aussage mir keinen Mehrwert bringt. Wie soll ich damit arbeiten? Wie würde ich mein Coaching „weniger scheiße“ machen? Selbst, wenn ich mir diese Aussage zu Herzen nehmen würde, könnte ich nichts Produktives damit anfangen. Deshalb sind Beleidigungen wertlos. Lass sie dir niemals nahe gehen! Ein freundlicher, respektvoller und rationaler Mensch würde dich nicht beleidigen. Jemand, der an deinem Fortschritt und Wohlergehen interessiert ist, wird immer versuchen, dich zur Besserung zu motivieren. Hierfür wird er mindestens so höflich wie in Fall 2 oder Fall 3 sein.

In Fall 2 erhalte ich eine etwas freundlicher formulierte Kritik. Ehrlich und direkt. ABER auch hier habe ich wieder das Problem, dass ich nicht weiß, WAS genau kritisiert wird. Mein Coaching im Allgemeinen? Eine bestimmte Angewohnheit? Und ja, ich könnte etwas besser machen. Aber WAS? Vor allem muss ich mir hier die Frage stellen: Würde nur diese eine Person diese vage Kritik äußern oder wird das Problem auch von anderen wahrgenommen? Diese Art der Kritik mag gut gemeint sein, aber auch hier bleibe ich völlig ratlos zurück. Immerhin habe ich nun den Anreiz, etwas zu überdenken und meine Methoden zu hinterfragen. Eine wirkliche Hilfe ist das jedoch nicht.

In Fall 3 erlebe ich einen echten Mehrwert, OBWOHL ich kritisiert werde. Man ist respektvoll zu mir und sagt mir, was konkret nicht gut funktioniert hat. Nun erkenne ich meinen Fehler: Ich habe eine Person thematisch in eine Schublade gesteckt, anstatt auf sie und ihre Bedürfnisse einzugehen. Jetzt habe ich eine echte Chance, mich zu verbessern und etwas dazuzulernen. Ich kann mein Coaching-Konzept überarbeiten und lernen, mehr auf die jeweilige Person einzugehen. Weniger allgemeine Beispiele und mehr individueller Praxisbezug. Diese Art von Kritik ist nicht nur leicht verdaulich, sondern hilft uns auch dabei, WIRKLICH in einem bestimmten Bereich besser zu werden.

Qualifikation und Sinn hinterfragen

Für dich ist das künftige Vorgehen also logisch: Du solltest die Kritik, die du erfährst, kategorisieren. Wenn dich jemand beleidigt, dann schalte ab. Geh. Lass es abprallen. Mach deinen Mitmenschen klar, dass du dich nicht beleidigen lässt, denn damit ist niemandem geholfen und du kannst daraus nichts lernen.

Wenn dich jemand respektvoll, aber viel zu unpräzise kritisiert (wie in Fall 2), dann frage höflich nach. WAS GENAU stört dein Gegenüber? Frage nach konkreten Verbesserungsvorschlägen. So zeigst du Aufgeschlossenheit, Lernbereitschaft und Teamgeist.

Wenn dich jemand respektvoll und konstruktiv kritisiert (wie in Fall 3), dann spitze die Ohren, denn du bekommst eine echte Chance, in einem bestimmten Bereich besser zu werden.

ABER jetzt gibt es da noch einen großen Haken. Glücklicherweise kommt es immer mal wieder vor, dass Kritik sehr konstruktiv und höflich geäußert wird. ABER heißt das, dass wir uns entsprechend ändern müssen? MÜSSEN wir den Rat annehmen? MÜSSEN wir uns die Kritik zu Herzen nehmen? Ist es sinnvoll, aufgrund der Meinung eines einzelnen Menschen Veränderungen einzuleiten? Genau das gilt es herauszufinden!

Hinterfrage IMMER die Qualifikation eines Menschen. Nicht die akademische. Hinterfrage die Qualifikation zu der Aussage, die ein Mensch trifft. Hier sind zwei simple Beispiele:

  • Wenn jemand kritisiert, wie ich mein Unternehmen leite, dann schaue ich mir an, wie viel Erfahrung diese Person in diesem speziellen Bereich hat. Handelt es sich um einen erfolgreichen Menschen, der seit vielen Jahren im Geschäft ist, dann spitze ich die Ohren und bin bereit, etwas zu lernen. Handelt es sich jedoch um eine völlig unerfahrene Person, die mit rein theoretischen Idealvorstellungen um sich wirft, geht der Stellenwert der getroffenen Aussagen automatisch herunter. DENNOCH mache ich mir Gedanken über das Geäußerte, solange es konstruktiv und höflich geäußert wurde. Es könnte ja sein, dass jemand viel Weitblick hat, ohne ihn bisher ausprobiert zu haben.
  • Wenn mir jemand Tipps zur Ehe gibt, dann schaue ich mir an, ob diese Person glücklich verheiratet ist oder nicht. Das Maß an Erfahrung, das dieser Mensch mitbringt, entscheidet maßgeblich darüber, als wie wertvoll ich seine Tipps einstufe. Macht Sinn, oder?

Kritik ist unemotional

Im Klartext heißt das Ganze: Empfange Kritik, kategorisiere sie und dann hinterfrage die Qualifikation und den Sinn dahinter. Das klingt vielleicht sehr theoretisch, ist jedoch ein hervorragendes Auswertungssystem, das sich für sie viele Menschen als gewinnbringend erwiesen hat. Probiere es aus und du wirst überrascht sein!

Darüber hinaus möchte ich dir noch mit auf den Weg geben, dass Kritik stets unemotional sein sollte. Der urspüngliche Gedanke von Kritik ist, dass man Menschen auf Verbesserungspotenzial hinweist und ihnen dabei hilft, dieses auszuschöpfen. Alles andere sind Beleidigungen. Lass dir nichts anderes einreden!

Wann immer dich jemand beleidigt, solltest du das Weite suchen. Ja, man wird dir sagen, du seist unempfänglich für Kritik. Die Wahrheit ist jedoch, dass beleidigende Menschen emotional instabil sind und sich nicht vernünftig ausdrücken können. Lass dich davon nicht herunterziehen. Es ist NICHT dein Problem.
Auf der anderen Seite solltest du empfänglich sein, wenn du konstruktiver Kritik begegnest. Fühl dich nicht persönlich angegriffen, sondern sieh die Situation als tolle Möglichkeit, dein Verhalten und somit deine Lebensqualität zu verbessern.

Ich hoffe, dass dieser Artikel dir in Zukunft dabei helfen wird, besser mit Kritik umzugehen. Natürlich freue ich mich auch auf deine Gedanken zu dem Thema!

Es ist schön, dass du dabei bist.
Michael

 

Titelbild: Unsplash.com, Lewis Roberts