Eine überaus simple Erkenntnis…

Heute gehen wir es mal etwas anders an. Anstatt mich auf die „klassische“ Weise einem Thema zu nähern, erzähle ich dir eine Geschichte. Es ist eine alte Volkssage, der ich vor fast 10 Jahren zum ersten Mal begegnete. Sobald du sie gelesen hast, wirst du sehen, warum sie keine große Einleitung und auch keine Erklärung im Anschluss braucht. Sie spricht einfach für sich. Schauen wir sie uns mal an:

Ein Bauer ist mit seinem Sohn unterwegs. Die beiden haben ihren stärksten und tüchtigsten Esel dabei und legen eine größere Strecke zu Fuß zurück.
Nach einer Weile werden die beiden müde, also schaut der Bauer sich den Esel an und befindet, dass dieser kräftig genug aussieht, um einen erwachsenen Mann und ein Kind tragen zu können. Sie setzen sich auf den Esel und reiten ein Stück weit auf seinem Rücken. Nach einer Weile kommen sie an Passanten vorbei, die empört die Köpfe schütteln und mit den Fingern auf sie zeigen. Eine Frau sagt: „Seht euch das an! Diese Tierquäler sitzen zu zweit auf dem armen Esel.“

Der Bauer ist beschämt und steigt sofort vom Esel ab. Dann denkt er sich, dass er sich ja zusammenreißen und zu Fuß laufen kann, und dass zumindest sein Sohn auf dem Esel sitzen bleiben kann.
Wenig später treffen sie erneut auf Passanten. Empört sagt ein Fremder: „Seht euch diesen armen Mann und seinen unverschämten Sohn an! Ist der Mann doch ganz müde von der Arbeit, muss er trotzdem zu Fuß laufen, obwohl sein Sohn viel jünger und laufstärker ist.“

Zögerlich denkt der Bauer: Hmm, da ist schon etwas dran. Es könnte nicht schaden, wenn ich noch ein wenig auf dem Esel reite und der Kleine läuft. Er ist ja doch sehr tüchtig und laufstark.
Und so hebt er seinen Sohn von dem Esel, um anschließend selbst aufzusteigen.

Es dauert nicht lange, bis sie erneut auf eine Gruppe stoßen. Diesmal sieht der Bauer, wie ein paar Frauen sich schockiert an die Brust fassen. Eine von ihnen ruft: „So seht euch doch diese Ungerechtigkeit an! Der arme kleine Stitz muss zu Fuß laufen, während der faule, schwere Mann auf dem schmächtigen Esel hockt!“

Das gibts noch nicht!, denkt sich der Bauer. Völlig entnervt steigt er vom Esel ab und marschiert los. Er nimmt seinen Sohn an die rechte Hand und die Zügel in die linke. Nur wenige Meter später kommen zwei Männer auf Fahrrädern vorbei. Der Bauer hört, wie der eine sagt: „Sieh dir mal diese Vollidioten an. Die haben einen Esel und laufen trotzdem zu Fuß.“

 

Was du aus dieser Geschichte machst, überlasse ich ganz dir. Aber vielleicht kannst du ja nachvollziehen, warum sie mir so gut im Gedächtnis geblieben ist 🙂

In diesem Sinne: Ein wunderbares Wochenende!

 

Es ist schön, dass du dabei bist.
Michael

 

Titelbild: Unsplash.com, Ansgar Scheffold