Gedanken, die wir wohl alle schon hatten… 

Aktuell erledige ich den Feinschliff an einem Buchmanuskript, das noch in diesem Jahr veröffentlicht werden soll. In diesem Buch geht es um Lektionen des Lebens, die wir nur auf die harte Tour lernen. Lektionen, von denen wir uns wünschen, wir hätten sie schon viel früher kennengelernt.
Hätte das Leben bis hierhin nicht sehr viel einfacher sein können, wenn wir schon immer all das gewusst hätten, was wir heute wissen?

Ich grüble schon seit längerer Zeit darüber… Und ich muss zugeben, dass ich zwiegespalten bin.

Einerseits: Wenn ich auf mich selbst und meinen Werdegang blicke, dann sage ich, dass mein Leben definitiv leichter gewesen wäre, wenn ich schon vor 12 Jahren gewusst hätte, was ich heute weiß.
Andererseits: Wenn ich vor 12 Jahren gewusst hätte, wie ich die härtesten Lektionen meines Lebens umgehe, wäre ich heute nicht der Mensch, der ich bin. Und zwar der Mensch, der all diese Dinge gelernt hat und weiß.

Vermutlich verstehst du meinen Zwiespalt nun besser. Es ist gut, dass wir unsere Erfahrungen machen. Und auch, wenn wir es nicht sonderlich gerne hören oder wahrhaben wollen, ist es gut, dass wir gewisse Lektionen auf die harte Tour lernen. So werden wir geprägt. So wachsen wir. So entwickeln wir uns nachhaltig weiter. Ich glaube an diese Philosophie. Ich lehre und praktiziere sie.

Aber dann kamen mir einige Gedanken, die mich so sehr motivierten und in meinem Vorhaben bestärkten, dass die Worte mir geradezu aus den Fingern flossen und sich auf Papier – oder eher erstmal auf meinem Bildschirm – manifestierten. Mir wurde klar:

  • Es geht nicht darum, dass andere meinen Werdegang nachahmen und ihren eigenen vernachlässigen.
  • Es geht nicht darum, dass andere vor ihren eigenen Erfahrungen davonlaufen können, weil sie ein Buch gelesen haben.
  • Es geht ganz bestimmt nicht darum, dass unsere eigenen Erfahrungen überflüssig werden, nur weil wir aus den Erfahrungen anderer lernen.

 

Worum es wirklich geht

In Wirklichkeit beschäftigen wir uns mit den Erfahrungen anderer, damit:

  • wir sehen, dass wir mit unseren Herausforderungen nicht allein sind.
  • wir erkennen, dass es ganz normal ist, vom Leben auf die Probe gestellt zu werden.
  • wir Inspiration erhalten, wie man sich Herausforderungen stellen kann, anstatt vor ihnen wegzulaufen.

 

Mir wurde klar, dass ich dabei war, das Buch zu schreiben, das ich selbst gerne vor vielen Jahren gelesen hätte. Nicht, um allem aus dem Weg zu gehen, das noch kommen würde. Sondern, um zu wissen, dass ich nicht allein bin. Dass es gut ist, mich auf die Herausforderung einzulassen. Dass es für jede noch so schwierige Situation eine Lösung gibt, auch wenn es inmitten all dessen nicht so aussieht.

Der Gedanke an die vielen Menschen da draußen, die sich gerade mitten in einer persönlichen Krise befinden und diese Art der Inspiration und Unterstützung gut gebrauchen könnten, motivierte mich, das Projekt durchzuziehen und auf den Weg zu bringen.

 

Was ich definitiv gerne gewusst hätte

In dem Buch, von dem ich spreche, werde ich 31 der härtesten Lektionen des Lebens beleuchten und thematisieren.

Es gibt jedoch auch eine große Lektion, die es nicht ins Buch geschafft hat, obwohl sie mir persönlich sehr am Herzen liegt. Müsste ich ihr eine Überschrift geben, würde sie lauten: „Du bist nicht die Krise.“

Vielleicht kennst du das Gefühl, wenn man vor einer Herausforderung steht, die so riesig erscheint, dass sie uns komplett vereinnahmt. Wir denken permanent daran. Wenn wir morgens aufstehen, ist es das erste, woran wir denken. Wenn wir abends schlafen gehen, ist es das letzte, was uns durch den Kopf geht, und sogar in der Nacht schlafen wir unruhig, weil wir nur daran denken. Wir essen kaum noch. Wir haben kaum noch Freude am Alltag. Wir distanzieren uns von unseren Mitmenschen. Wir ziehen uns in uns selbst zurück.

Hast du das auch schon erlebt? Es gab eine lange Zeit in meinem Leben, in der ich so mit Krisen umgegangen bin. Problematische Situationen haben mich vereinnahmt. Es war, als wäre alles andere in meinem Leben fort. Als wären da nur noch der Schmerz, die Angst, die Wut, die Verzweiflung und all die anderen Gefühle, die ausgelöst werden, wenn das Leben uns auf die Probe stellt.
Damals sagte ich zu einem guten Freund: „Es ist, als gäbe es nur noch die Probleme und nichts anderes mehr.“
Er antwortete: „Ich weiß. Du beschäftigst dich nicht mehr mit der Krise. Inzwischen bist du die Krise. Es hat dich aufgefressen und du musst da wieder raus.“

Und so begann ich einen langen Weg, auf dem ich begriff: Das Leben geht weiter. Es gibt immer noch schöne Dinge um uns herum. Es gibt immer noch wertvolle Menschen, mit denen wir eine gute Zeit haben können. Es gibt immer noch Dinge, die uns Spaß machen können. Das Leben ist immer noch ein Wunder. Ich muss nicht die Krise sein. Ich muss mich nicht mit dem Problem identifizieren. Ich kann eine Krise durchleben und trotzdem ein lebenswertes Leben führen.

Denn auch wenn wir krank werden, einen geliebten Mitmenschen verlieren, vor finanziellen Herausforderungen stehen oder uns den Dämonen unserer Vergangenheit stellen, haben wir immer noch ein Leben, das Gutes zu bieten hat. Und auch wenn ich heute verstehe, dass ich all das durchmachen musste, um diese wichtige Lektion zu begreifen, so finde ich es dennoch schade, es nicht früher begriffen zu haben. Nicht, weil ich meine Krisen gerne vermieden hätte. Sondern, weil ich gerne gewusst hätte, dass ich nicht allein damit bin. Weil ich gerne verstanden hätte, dass ich meine persönlichen Krisen auch überwinden kann, wenn sie mich, meine Gedanken und meine Gefühle nicht komplett einnehmen. Weil es mich motiviert hätte zu wissen, dass auch nach der längsten und stürmischsten Nacht die Sonne wieder aufgehen wird.

 

Einen Sinn sehen

Manche Lektionen des Lebens sind mild und leicht verständlich. Andere sind knallhart, aber eindeutig. Und manche zerstören uns beinahe, ohne einen augenscheinlichen Sinn zu ergeben.

Am Ende haben all diese Lektionen eine große Gemeinsamkeit: Allein unsere Einstellung entscheidet darüber, ob wir aus einer Lektion lernen und wachsen, oder ob wir daran zerbrechen.

Es ist schwierig, einen tieferen Sinn in etwas zu sehen, das schlicht und einfach keinen Sinn ergeben will. Vor allem, wenn es um Verlust und Ungerechtigkeit geht. Aber dass wir einen tieferen Sinn (noch) nicht sehen können, heißt nicht, dass er nicht da ist. Aus allem, was passiert, lässt sich etwas gewinnen, das uns weiterbringt. Und auch das ist eine Lektion, die ich gerne früher begriffen hätte.
Deshalb finde ich es sinnvoll, auf ein paar der härtesten Lektionen zurückzublicken, sie zu reflektieren und mich zu fragen: Was lässt sich daraus mitnehmen? Sowohl für mich als auch für alle, die selbst gerade mittendrin stecken?

Ich hoffe, dass meine Worte dich dazu inspirieren, selbst ein wenig zurückzublicken und darüber zu sinnieren, wie weit deine größten Herausforderungen dich gebracht haben. Und natürlich hoffe ich, dass du dich auf dieses neue Buch genauso freust wie ich 🙂

Es ist schön, dass du dabei bist.
Michael

 

 

Titelbild: Unsplash.com, Ante Hamersmit