Was würdest du dir selbst mit auf den Weg geben?

Neulich war ich Teil einer freundlichen und sympathischen Gesprächsrunde, in der wir uns über viele verschiedene Themen rund um das Leben und die Persönlichkeitsentwicklung unterhielten. Plötzlich warf jemand eine spannende Frage in den Raum: „Wenn du in der Zeit zurückreisen und mit deinem 18-jährigen Ich sprechen könntest, was würdest du dir sagen?“

Eine interessante und oft gestellte Frage. Vor fast zwei Jahren habe ich sogar mal einen Blogartikel zu einer sehr ähnlichen Thematik geschrieben. Ich bin also grundsätzlich mit der Frage und den möglichen Antworten darauf vertraut. Doch ich finde es interessant, sich diese Frage an unterschiedlichen Punkten seines Lebens erneut zu stellen und zu schauen, wie die Antwort sich im Laufe der Zeit verändert.

Also, während wir dort sitzen, fangen die ersten an, ihrem 18-jährigen Ich Ratschläge zu erteilen. Es sind tiefgründige, spannende und auch einige lustige Anregungen dabei. Um nur ein paar von ihnen zu nennen:

  • „Kaufe so viele Aktien von Apple wie nur möglich!“
  • „Trau dich. Was immer es ist, trau dich. Du wirst mehr bereuen, es nie versucht zu haben.“
  • „Lass dich nicht auf Person XY ein.“
  • „Achte auf deine Gesundheit. Das ist das A und O!“
  • „Hör auf, es immer den anderen recht zu machen. Lerne, auf deine innere Stimme zu hören.“

Während ich dort sitze und mir die verschiedenen Antworten anhöre, denke ich darüber nach, was ich gleich sagen werde. Soll ich etwas Ernstes und Tiefgründiges sagen? Soll ich ganz ehrlich sein? Vielleicht einen Witz machen und alle zum Lachen bringen? Dann frage ich mich, was denn die ehrliche Antwort wäre. Und ich stelle fest: Sie ist irgendwie langweilig, aber doch sehr tiefgründig.

 

Was ich dem 18-jährigen Michael sagen würde

Ich könnte dir jetzt viel Schmalziges und Tiefgründiges erzählen, aber stattdessen möchte ich ehrlich sein. Wenn ich die Chance hätte, durch die Zeit zu reisen und den 18-jährigen Michael zu treffen, würde ich sagen: „Du bist auf einem guten Weg. Mach weiter so.“

Diese überaus lahme und wenig spannende Antwort kann ich dir mit absoluter Sicherheit geben, weil ich schon so unfassbar viel Zeit meines Lebens darin investiert habe, mich zu fragen, was ich anders machen würde, wenn ich alles nochmal erleben könnte. Ich habe so oft darüber nachgedacht, welche negativen Erfahrungen ich mir ersparen könnte. Welchen Schmerz ich nicht erleben müsste. Welchen Enttäuschungen ich entgehen könnte. Ich habe mir ganze Strategien zurechtgelegt, wie ich mir zu besserer Gesundheit, mehr Zufriedenheit und nachhaltigem Wohlstand verhelfen könnte. Habe in einer Hätte-Würde-Könnte-Welt gelebt.

Doch irgendwann wurden mir ein paar Dinge klar, die ich hier gerne kurz zusammenfassen würde:

1. Würde ich den 18-jährigen Michael mit all dem konfrontieren, was er in den nächsten 10 Jahren erleben wird, hätte er keine Lust mehr auf das Leben. Er würde vor Angst erstarren, jeden Mut verlieren und sich für einen anderen Weg entscheiden. Somit wäre ich heute nicht, wer ich bin.

2. Würde ich es dem 18-jährigen Michael irgendwie ermöglichen können, auch nur eine der schmerzhaften Lektionen zu vermeiden, die ihn erwarten, wäre ich heute nicht, wer ich bin.

3. Würde ich dem 18-jährigen Michael irgendwie zu schnellem Reichtum verhelfen können, hätte ich heute keinerlei Wertschätzung für das, was ich mit harter Arbeit und viel Ausdauer aufgebaut habe. Und somit – Überraschung! – wäre ich heute nicht, wer ich bin.

4. Höchstwahrscheinlich fehlt dem 18-jährigen Michael die emotionale Reife, um zu verstehen, was mich heute als deutlich erfahrenere Person beschäftigt. Wer weiß, was überhaupt bei ihm durchsickern würde?

5. Das Leben zeichnet sich dadurch aus, dass wir nicht wissen, was als nächstes geschehen wird. Jeder kann eine Herausforderung meistern, wenn er die Chance hatte, sich gut darauf vorzubereiten. Doch liegt der eigentliche Reiz nicht darin, das Leben zu meistern, obwohl es einen jeden Tag aufs Neue überrascht? Ist die Fähigkeit, sich spontan den Lektionen des Lebens zu stellen, nicht das, was uns wirklich stark macht?

 

Was ich dir und mir stattdessen empfehle

Ich pflege zu sagen:

Alles ergibt früher oder später Sinn. Dass wir den Sinn nicht sofort erkennen, heißt nicht, dass es ihn nicht gibt.

Daran glaube ich fest. Jede Erfahrung ist kostbar. Deshalb würde ich mein jüngeres Ich nicht des wertvollen Privilegs berauben wollen, seine eigenen Erfahrungen zu machen und seine eigenen Entscheidungen zu treffen.

Du und ich, wir sind das Ergebnis unserer Erfahrungen und Entscheidungen. Es ist gut, dass bis hierhin alles so geschehen ist, wie es nun mal geschehen ist. Auch wenn sich das nicht immer so anfühlt…

ABER – und hier kommt das große Aber – das heißt nicht, dass die große Frage, um die sich dieser ganze Beitrag dreht, sinnlos ist. Im Gegenteil! Es ist gut, dass wir uns mit ihr beschäftigen. Allerdings gibt es da einen kleinen, sehr feinen Unterschied, den es zu berücksichtigen gilt: Wir sollten uns diese Frage nicht stellen, weil sich irgendwann mal die Chance für eine kleine Zeitreise ergeben könnte. Wir sollten uns diese Frage stellen, um herauszufinden, was wir VON JETZT AN besser machen wollen. JETZT, da wir all diese Erfahrungen gesammelt und die emotionale Reife entwickelt haben, um uns auf eine ganz andere Weise zu reflektieren, bekommen wir ganz neue Möglichkeiten uns weiterzuentwickeln! Diese sollten wir nutzen.

Denn eines verspreche ich dir: Auch in 10, 20, 30 oder auch 50 Jahren wirst du auf heute zurückblicken und dich erneut fragen, was du dir hättest mit auf den Weg geben können. Wenn du weiterhin aufmerksam, aufgeschlossen und reflektiert bist, wirst du dir dann sagen können: „Du bist auf einem guten Weg. Mach weiter so.“

 

Was ich letztendlich gesagt habe

Als ich in dieser Runde netter und sympathischer Leute saß, wanderten schließlich alle Blicke herüber zu mir. Jemand fragte: „Und du, Michael? Was würdest du deinem 18-jährigen Ich sagen?“

Ich überlegte kurz, lächelte und antwortete: „Kaufe Unmengen an Bitcoin, wenn er einen Euro kostet, verkaufe alles, wenn er 50.000 Euro kostet und schreibe deine Bücher auf einem Boot, das in karibischen Gewässern ankert.“

Alle lachten und ich war fein aus dem Schneider. Was ich wirklich dachte, hob ich mir für diesen Blogartikel auf. Ich hoffe, dich mit diesen Zeilen auf ein paar Gedanken gebracht zu haben und wünsche dir ein wunderschönes Wochenende.

 

Es ist schön, dass du dabei bist.
Michael

 

Titelbild: Unsplash.com, Cara Beth Buie