Ein paar offene Worte…

Letzte Woche wurde mir klar, dass mein Sohn inzwischen 10 Jahre alt wäre, wenn er noch unter uns weilen würde. 10 Jahre…
Ich versuche mir vorzustellen, wie er wohl aussehen würde. Wie seine Stimme wohl klänge. Ob er vielleicht einige meiner Eigenarten und Charakterzüge übernommen hätte.
Ich habe einen Neffen, der jetzt 10 Jahre alt ist. Ich sehe mir diesen wunderbaren Jungen an und stelle mir vor, er und mein Sohn seien Freunde, die gemeinsam Fußball oder Videospiele spielen. Vor meinem geistigen Auge sehe ich, wie die beiden gemeinsam die Welt und das Leben entdecken. Es ist schon seltsam, dass ein Gedanke, der einem so entsetzliche Schmerzen zufügt, einem dennoch ein Lächeln auf die Lippen zaubern kann. Mir wird klar, was ich alles verpasst habe. Doch gleichzeitig wird mir ebenfalls klar, dass dieser Gedanke nicht ganz fair ist. Ich habe viel von dem verpasst, was ich gerne erlebt hätte, doch dennoch ging das Leben 10 Jahre lang weiter. 10 Jahre sind eine lange Zeit. Sie lassen sich in wenigen Minuten zusammenfassen, sind im Grunde also nur ein Wimpernschlag, und doch ist es so verdammt viel Zeit für einen Menschen. Es ist so viel passiert. So vieles hat sich verändert.

Blicke ich auf den Menschen zurück, der ich vor 10 Jahren war, so erkenne ich die Person, die ich dort sehe, kaum wieder. Ich denke, du weißt genau, wovon ich da rede. Du bist hier und liest diese Zeilen, weil du genauso wie ich auf einer Reise bist. Der Kern dieser Reise ist Veränderung und Weiterentwicklung. Nichts bleibt wie es ist. Die einzige Konstante ist der Wandel. Das Leben geht weiter. Wie erstaunlich das doch im Grunde ist.

 

Das Leben geht weiter

„Das Leben geht weiter.“ Das ist die vielleicht wichtigste Lektion meines Daseins. Ich bin dankbar dafür, auch wenn ich diese Lektion auf die harte Tour lernen musste. In den dunkelsten Stunden meines Lebens merkte ich, dass die Welt sich immer noch drehte, dass die Uhren immer noch liefen, dass die Sonne immer noch auf- und unterging, und dass die Menschen sich jeden Tag aufs Neue mit ihrem jeweiligen Alltag beschäftigten. Es empörte mich geradezu. Wie konnte alles so normal sein? Wie konnten die Welt, das Leben und alle Menschen so tun, als sei nichts passiert, obwohl ich solche Höllenqualen litt? War das nicht unverschämt? Geradezu pietätslos?

Diese Ungerechtigkeit nagte an mir und zog mich weiter herunter. Es dauerte jedoch nicht lange, bis mir endlich klar wurde, dass ich nicht der erste, nicht der einzige und ganz sicher nicht der letzte Mensch war, der litt. Und dennoch ging das Leben weiter. Tag für Tag, ohne jemals eine Pause einzulegen. Viele Menschen leiden. Auf dieser Welt passieren entsetzliche Dinge. Und dennoch geht das Leben weiter. Während du gerade den besten Tag deines Lebens hast, bricht für jemand anderen die gesamte Welt zusammen. Und während dir der Boden unter den Füßen wegbricht, erleben andere den Gipfel ihres persönlichen Glücks. So ist das Leben.

Ich begriff, dass dies der Lauf der Dinge ist, und schließlich fand ich in dieser Erkenntnis ein merkwürdiges Gefühl des Trosts. Ich erkannte, dass das Leben unpersönlich ist. Dass es niemanden bevorzugt oder benachteiligt. Es macht einfach sein Ding, Tag für Tag, so wie wir alle. Und irgendwie machte es mir Mut, dass nichts, wirklich nichts, die Welt und die Zeit aus dem Takt bringen kann. Wenn die größten Katastrophen der Welt nichts daran ändern können, dass das Leben weitergeht, dann werden auch meine persönlichen Krisen nichts an diesem ewig währenden Prinzip ändern. Bis heute verbinde ich diesen Gedanken mit einem warmen Gefühl. Mit der Zuversicht, dass nichts jemals so schlimm sein kann, dass das Leben nicht weitergeht.

Wir alle waren schon mal an dem Punkt, an dem wir dachten, es würde nicht mehr weitergehen. Und dennoch sind wir jetzt hier…

 

Eine Säule der Motivation

Die wenigsten lesen diesen Blog oder meine Bücher, weil es ihnen hervorragend geht. Niemand sucht jemals nach Antworten in den Lehren der Persönlichkeitsentwicklung, weil er nichts hinterfragt und vollkommen zufrieden ist. Vielleicht hast auch du deinen Weg zu diesen Zeilen gefunden, weil irgendetwas dein Leben so sehr erschüttert hat, dass du für einen Moment dachtest, das Leben würde nicht mehr weitergehen. Doch das tut es. Nicht immer auf die Weise, die wir uns vorstellen oder wünschen, doch es geht weiter.

Im Laufe der Zeit habe ich gelernt, diese Erkenntnis zu einer Säule meiner Motivation und meines Muts werden zu lassen. Es hilft mir dabei, nicht immer alles zu ernst zu sehen, nicht zu viel über alles zu grübeln und mich nicht wegen jeder Kleinigkeit aufzureiben. Das Leben ist ein Abenteuer, auf das man sich einlassen muss. Im Laufe dieses Abenteuers passieren furchtbare Dinge, die wir uns nicht freiwillig aussuchen würden. Fairerweise muss man jedoch auch gestehen, dass auf dieser Reise auch Wunderbares geschieht, wenn wir offen dafür sind. Auch das Wunderbare sehen wir oft nicht kommen.

Glück ist eine Entscheidung. Und so musste auch ich mich irgendwann entscheiden, ob ich ewig das bedauern würde, was ich verloren hatte, oder ob ich das Beste aus dem machen würde, was geblieben war.

Meinen ersten Blogartikel im Jahr 2024 wollte ich nicht irgendwelchen pseudo-motivierenden Neujahrsvorsätzen widmen, die spätestens im Februar vergessen sein werden. Stattdessen habe ich mich dazu entschieden, über eine Tatsache zu sprechen, die seit Ewigkeiten relevant ist und es auch immer bleiben wird: Das Leben geht weiter.

Was auch immer dich gerade bedrückt, wird nicht genügend Schlagkraft haben, um die Welt aus dem Takt zu bringen. Also wird auch deine Geschichte weitergehen. Auf dich warten noch viele, viele spannende Tage. Viele wunderbare, glückliche Momente. Viele wunderschöne Erfahrungen, die du aktuell nicht für möglich halten würdest. Lass dir all das nicht nehmen. Deine Geschichte ist noch nicht zu Ende. Wir sind immer noch hier. Das Leben geht weiter.

 

Es ist schön, dass du dabei bist.
Michael

 

Titelbild: Unsplash.com, Debby Hudson