Ein paar Gedanken über das Unausweichliche…

Ich weiß nicht, wie alt du heute bist. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass du nicht mehr dieselbe Person bist, die du vor 10 Jahren warst. In 10 Jahren kann sich viel verändern. Die Musik, die wir hören. Das Essen, das wir mögen. Unser Modegeschmack. Unsere politische Einstellung. Unsere Weltanschauung im Allgemeinen. In nur 10 Jahren können sich ein Mensch und sein Leben nachhaltig verändern.

Ist es angesichts dessen nicht lächerlich, dass wir von jungen Menschen erwarten, einen Plan für den Rest ihres Lebens zu haben?

Ein 18-Jähriger soll entscheiden, welchen Beruf er für die nächsten 49 Jahre ausüben möchte.
Man erwartet von uns, zu wählen, wo wir leben möchten, noch bevor wir irgendetwas von der Welt gesehen haben.
Die Gesellschaft sagt uns, dass wir früh heiraten und Kinder bekommen sollen, noch bevor wir wirklich verstanden haben, wie Beziehungen und Partnerschaften wirklich funktionieren.

Vielleicht gehört das zu den Gründen, warum so viele Menschen Probleme mit Veränderung haben. Weil es so schwer ist, in irgendeiner Weise „anzukommen“. Und sobald wir auch nur annähernd das Gefühl haben, endlich „stabil“ im Leben zu sein, verändert sich schon wieder alles. Klar, dass das so manchem Angst macht.

 

Veränderung ist unausweichlich

Ich höre sehr oft von anderen, dass sie sich Stabilität in ihrem Leben wünschen. Sie wollen ankommen. Sie wollen aufhören, „zu kämpfen“. Sie wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, sobald sie einen Punkt erreicht haben, an dem sie sich wohlfühlen. Aber so funktioniert das Leben nicht.

Veränderung ist so ziemlich das einzige im Leben, das sich nicht verändert. Lies diesen Satz gerne nochmal.

Damit meine ich: Veränderung ist eine zuverlässige Konstante. Alles verändert sich. Alles entwickelt sich. Stillstand ist im wahrsten Sinne der Tod.
Allein, während du diesen Beitrag liest, finden zig Veränderungen in deinem Körper statt.

Also frage ich mich schon seit einer Weile: Wenn die Veränderung im wahrsten Sinne unausweichlich ist, warum wehren wir uns dann gegen sie?
Und hat die konstante Veränderung und Weiterentwicklung des Lebens nicht auch Vorteile?

 

Alles im Wandel

In dem Haus, in dem du heute lebst, wird irgendwann jemand anderes leben. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es nicht mehr stehen wird.
Das Auto, das du heute fährst, wird früher oder später jemand anderem gehören oder verschrottet werden.
Die Aufgabe, die du bei deiner täglichen Arbeit erfüllst, wird früher oder später jemand anderes übernehmen.
In den Fußspuren, die du im Sand des Lebens hinterlässt, werden früher oder später andere wandeln.

Warum versuchen wir so sehr, in einem Leben sesshaft zu werden, das uns ganz klar signalisiert, dass wir nicht hier sind, um zu bleiben?

Alles ist im Wandel. Alles um dich herum ist im Wandel. Wir sind jeden Tag im wahrsten Sinne umgeben vom Kreislauf aus Leben und Tod. All die Tiere und Pflanzen um uns herum. Das Wetter. Die Menschen, die kommen und gehen.

Bilden wir uns etwa wirklich ein, uns all dem entziehen zu können? Denn wie ich eben schon sagte: Veränderung ist die einzige echte Konstante im Leben. Dieser Umstand ist sehr klar zu erkennen. Das Leben ist diesbezüglich unmissverständlich in seiner Kommunikation.

 

Den Wandel und die Veränderung annehmen

Eine Beobachtung, die ich im Laufe der Jahre gemacht habe, ist diese: Wer die Erwartung eines „stabilen“ und konstanten Lebens hat, wird schwer enttäuscht.
Wer die Veränderung und den Wandel annimmt, lebt deutlich leichter.

An dieser Stelle möchte ich dich bitten, diesen Umstand selbst zu reflektieren. Geh bitte in deinem Kopf alle Menschen durch, die du kennst. Jene, die mit der Zeit gehen, die sich nicht über das Altern beschweren, die flexibel sind und sich verändernden Lebenssituationen anpassen können, leben deutlich glücklicher.

Wer „steif“ lebt und sich dem ständigen Wandel nicht anpassen kann, lebt deutlich unglücklicher.

Während ich das schreibe, fällt mir auf, wie viele Beispiele mir dafür einfallen. Ich fürchte, ich würde hier den Rahmen sprengen, also fasse ich mich kurz und nenne nur ein paar Beispiele für das, was mir spontan in den Sinn kommt:

Mein erster Gedanke waren die vielen Menschen, die mir begegnet sind, die in der Vergangenheit leben. Die immer nur Geschichten von früher erzählen und darin aufleben. Es ist schön, sich zu erinnern. Besonders an die guten Momente!
Aber während wir den Blick nach hinten richten, gehen die Zeit und das Leben weiter. Sie ziehen an uns vorbei. Es gibt so viele wunderbare Menschen, die heute ein tolles Leben führen könnten, aber stattdessen immer nur auf das schauen, was war.

Mein zweiter Gedanke sind jene, die nicht akzeptieren, dass die Welt und Gesellschaft sich weiterentwickeln. Dass alles ein Auf und Ab ist. Dass nicht jede Generation gleich ist.
Man muss diese Veränderungen nicht gut finden. Ganz unter uns gesagt: Ich finde viele Entwicklungen unserer modernen Gesellschaft besorgniserregend. Aber wir müssen akzeptieren, dass wir nicht verändern können, DASS diese Entwicklungen stattfinden. Dass wir kollektiv Fehler machen und daraus lernen, selbst wenn wir uns als Individuum nicht mit der Masse identifizieren können.
Dass wir einen Weg finden müssen, damit umzugehen, anstatt starr zu verharren und zu behaupten, früher sei alles besser gewesen.

Ein weiteres Beispiel sind Menschen, die krampfhaft versuchen, das Älterwerden zu ignorieren. Sie klammern sich an ein Bild ihrer Jugend, statt die Würde des Älterwerdens anzunehmen. Statt neue Kapitel zu öffnen, kämpfen sie einen aussichtslosen Kampf gegen die Zeit und verlieren dabei oft genau das, was das Leben in dieser Phase so wertvoll machen könnte: Gelassenheit, Weisheit und eine neue Form von Freiheit.
Oder in anderen Worten: Es gibt so viele Menschen, die immer nur sehen wollen, wer sie mal waren und nicht akzeptieren können, wer sie sind und wer sie noch werden könnten.

 

Weitermachen.

Mein Mentor sagte mir: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“

Ich habe eine Weile gebraucht, um das zu verstehen. Lies den Satz gerne auch nochmal und denke in Ruhe darüber nach.
Er hat mir schon oft geholfen, eine andere Perspektive auf die omnipräsente Veränderung zu gewinnen.

Ich bin jemand, der gerne viel Kontrolle hat. Ich predige Verantwortung. Ich ermutige Menschen dazu, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen und möglichst wenig dem Zufall zu überlassen.

Entsprechend fällt es mir schwer, dir heute den Rat zu geben, etwas einfach geschehen zu lassen. Aber ich bin nicht hier, um zu sagen, dass wir aufgeben sollen. Es geht nicht darum, Verantwortung abzulegen.
Es geht um Erkenntnis. Erkenntnis darüber, was wir ändern können und was nicht. Erkenntnis, dass es Dinge und Mechanismen des Lebens gibt, die größer als unsere Erwartungen und Wünsche sind.
Vor allem aber geht es um die Erkenntnis, dass Veränderung und der ewige Wandel nichts Schlechtes sind.

Ja, manchmal tut Veränderung weh. Oft ist sie aber auch genau das, was wir brauchen.

Ein Moment ist nur deshalb besonders kostbar, weil wir wissen, dass er bald vorbei sein könnte.
Wir wertschätzen eine Situation, weil uns bewusst ist, dass sie sich jederzeit verändern könnte.

Das Leben ist unendlich wertvoll, weil wir wissen, dass es irgendwann zu Ende sein wird.

Die Veränderung und die Vergänglichkeit geben unserem Leben Bedeutung. Sie sorgen dafür, dass wir uns weiterentwickeln, neue Perspektiven gewinnen und neue Wege gehen.
Es mag oft wehtun. Aber es ist nicht immer schlecht.

Also: Weitermachen! Denn eines steht fest: Das Leben geht ohnehin weiter. Also lass uns mitgehen.

 

Es ist schön, dass du dabei bist.
Michael

 

 

Titelbild: Unsplash.com, Chris Lawton