5 Dinge, die wir nicht in der Schule gelernt haben

Den Freunden unseres Schulsystems wird dieser Artikel vermutlich nicht gefallen. Gern geschehen 😉

Zu Beginn dieses Artikels möchte ich etwas klarstellen, um gewisse mögliche Vorwürfe im Keim zu ersticken: Dies ist keine Hetze gegen unser Schulsystem und auch keine Verarbeitung von irgendwelchem Frust, der im Laufe langer Schuljahre entstanden ist. Dies ist eine ehrliche Beobachtung von Missständen, die unser Bildungssystem aufweist und gerade mit einem gesunden Verantwortungsbewusstsein gegenüber den jüngeren Generationen sollten wir uns viel öfter Gedanken darüber machen, welche Lektionen wir uns selbst hart erarbeiten mussten, weil sie uns in der Schule gefehlt haben.

In der Schule und in der Universität lernen junge Menschen viel. Es gibt so viel zu lernen, dass sie jahrelang, 5 Mal die Woche immer wieder etwas Neues erfahren. Auch du und ich haben einige Jahre unseres Lebens in dieser intensiven Lernphase verbracht.
Jetzt stelle ich dir die Frage: An wie viel davon erinnerst du dich? Wie viel von all dem, was du gelernt hast, findet in deinem heutigen Alltag Anwendung? Hast du die wichtigsten Lektionen deines Lebens in der Schule gelernt oder hast du sie dir mehr oder weniger hart in Eigenregie erarbeitet?

Ein umfangreiches, aber lohnenswertes Thema

Eine umfangreiche und breit gefächerte Bildung ist wichtig und ich möchte überhaupt nichts dagegen sagen. Aber ich bin ganz bestimmt nicht alleine mit der Meinung, dass die zum Teil wichtigsten Themen des Lebens nicht in unseren Schulen gelehrt werden.
Dieses ganze Thema ist so umfangreich, dass es jeden Rahmen dieses Blogs sprengen würde und für das kommende Jahr habe ich sogar ein größeres Projekt dazu im Auge. Mit dem heutigen Artikel möchte ich das Thema allerdings anschneiden und dich zum Nachdenken anregen, indem ich 5 wichtige Dinge und Themen anspreche, die in unseren Schulen fehlen und dringend benötigt werden.
Ich behaupte sogar, dass die Gesellschaft sich zum Positiven verändern würde, wenn Schulen alleine die kommenden 5 Themengebiete unterrichten würden! Um gemachte Erfahrungen nicht stark zu verallgemeinern, werde ich im Folgenden Dinge aufzählen, die ich persönlich nicht in der Schule gelernt habe.

5 Dinge, die ich nicht in der Schule gelernt habe

1) In der Schule habe ich nicht gelernt, dass ich selbst die volle Verantwortung für mein Leben habe und mir selbst aussuchen kann, wie mein Leben verläuft. Ich habe nicht gelernt, dass ich selbst die Macht habe, das Leben zu steuern und dass ich mir selbst aussuchen kann, wie ich mit den Dingen umgehe, die außerhalb meines Einflussbereichs liegen.
Stattdessen hat man versucht mir beizubringen, dass ich mich anderen unterordnen muss, indem ich mich an Konventionen halte. Eigeninitiative ist in der Schule nicht erwünscht, blinder Gehorsam wird gelobt. Man wollte mir beibringen, dass man sich mit gewissen Dingen im Leben abfinden muss und die Liste dieser Dinge war erschreckend lang!
Ich konnte mir nicht vorstellen, mein ganzes Leben lang mit anderen Menschen in ein und derselben Schublade zu leben. Mein natürlicher Verstand sagte mir, dass mein Leben keinen Sinn oder Spaß macht, wenn ich die Verantwortung dafür jemand anderem überlasse. Aus diesem Grund bin ich in zahlreiche Konflikte mit meinen Mitmenschen geraten. Nachdem ich die Schule verlassen und mein Leben komplett in meine eigenen Hände genommen hatte, hörten all die Konflikte dauerhaft auf. Zufall?

2) In der Schule habe ich nicht gelernt, dass mein Fleiß, meine Kreativität und meine individuellen Fähigkeiten ausschlaggebend für meinen beruflichen Erfolg sind. Stattdessen wurde mir beigebracht, dass meine Noten darüber entscheiden würden, wie „gut“ ich es einmal haben würde. In der Schule hieß es, dass ich nur Erfolg haben könne, wenn ich gute Noten habe und anschließend einen vielversprechenden Beruf erlerne, der mich zu einem großen Unternehmen führe. Die Selbstständigkeit ist für die meisten Lehrer ein absolutes Tabuthema, weil es sie vermutlich daran erinnert, wie weit sie selbst davon entfernt sind. Damit möchte ich nicht sagen, dass die Selbstständigkeit der einzige Weg zu beruflichem Erfolg ist. Die Tatsachen sprechen aber dafür, dass die Selbstständigkeit der schnellere Weg zum beruflichen Erfolg ist und vor allem, dass sie nicht ein so hohes Risiko darstellt, wie es in den Schulen gesagt wird.

3) In der Schule habe ich nicht gelernt, wie ich mich motivieren oder organisieren kann. Die einzige Motivation, die ich gelernt habe, war gute Noten zu erlangen. Gute Noten bedeuteten Anerkennung und Lob. Schlechte Noten bedeuteten schlechte Behandlung, ein schlechtes Gewissen und die Angst davor, niemandem mehr in die Augen sehen zu können. Eine natürliche Motivation wurde mir nicht nahegelegt. Mir wurde nicht beigebracht, welche Vorteile ich persönlich durch mehr Erfolg haben könnte (z.B. ein besseres Selbstvertrauen oder das Entdecken weiterer Fähigkeiten). Die einzige Motivation, die ich kannte, war die Angst vor dem Scheitern. Dass diese Angst die treibende Kraft ist, die ein Kind durch die Schulzeit begleitet, ist ein grausamer Gedanke.

4) In der Schule habe ich nicht gelernt, mich mit mir selbst und meinen Eigenschaften auseinanderzusetzen. Ein Schüler soll seinen Lehrern gefallen und eine gewisse Leistung erbringen. Er soll sich mit seinen Mitschülern gut verstehen und mit ihnen gemeinsam dem Strom folgen. Er soll viel Wissen aufnehmen und das Beste daraus machen. Aber wo bleiben die Lektionen über Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen, Ängste, Talente, Ziele, etc.?
All die Dinge über die persönliche Entwicklung, die du alleine auf diesem Blog und in meinen Büchern finden kannst, habe ich NICHT in der Schule gelernt und auch all die anderen Kinder, die jeden Tag aufs Neue zur Schule gehen, erfahren nichts darüber. Wenn ich daran denke, wie viele harte Lektionen ich mir hätte sparen können, wenn man mir auch nur einen Bruchteil all dessen in meiner Kindheit beigebracht hätte, empfinde ich eine tiefe Enttäuschung über unser Bildungssystem.

5) In der Schule habe ich nicht gelernt, wie ich mich mit anderen Menschen auseinandersetzen kann. Ich habe nicht gelernt, mit den Meinungen anderer umzugehen. Ich habe nicht gelernt, Konflikte zu lösen oder gar häufige Konfliktursachen zu verstehen. Ich habe nicht gelernt, sachlich zu diskutieren oder zu argumentieren. Ich habe nicht gelernt, wie ich die Sympathie meiner Mitmenschen gewinne und ich habe auch nicht gelernt, Empathie zu entwickeln. Diplomatie? Es hat lange gedauert, bis ich erfahren habe, was das ist.
Versuch einmal dir vorzustellen, wie viel leichter das gesellschaftliche Leben wäre, wenn soziale Kompetenzen ein Schulfach wären.

Was hättest du gerne in der Schule gelernt?

Wie bereits zuvor erwähnt, ist dies nur ein Bruchteil all der Dinge, die man zu diesem Thema äußern kann. Ich persönlich finde diese 5 Aspekte sehr wichtig und dachte mir, dass es nicht schaden kann, sie einmal zu unserem Wochenthema zu machen.
Ich wüsste gerne von dir, was du gerne in der Schule gelernt hättest, aber dir selbst erarbeiten musstest. Dabei muss es nicht unbedingt um sehr harte Erlebnisse gehen. Was findest du, sollten Kinder in Schulen lernen, was aktuell nicht unterrichtet wird? Wie immer kannst du gerne einen Kommentar unter diesen Beitrag schreiben, das Kontaktformular nutzen oder mir eine Mail an michael@dein-fussabdruck.de schreiben.

Ich wünsche dir ein wunderschönes und vor allem glückliches Wochenende!

Es ist schön, dass du dabei bist.
Michael

8 Kommentare, sei der nächste!

  1. Lieber Michael Leister, ich stimme Ihrem Artikel zu, ich selber habe als Schulkind und Studentin sehr unter dem System gelitten, und nur „überlebt“, weil ich mir dann – vorlauter Verzweiflung – eigene, andere Wege gesucht habe.
    Heute bin ich Professorin an der Hochschule Hannover und versuche anders zu unterrichten, all das zu berücksichtigen, was Sie im Artikel erwähnen, aber es ist nicht leicht im derzeitigen System, Deshalb habe ich 2012 für Studierende einen Selbstcoaching-Ratgeber „Studieren kann man lernen: Mit weniger Mühe zu mehr Erfolg“ geschrieben. Ich bin erleichtert, dass seit etwa 2 Jahren „Lern-Coaching“ endlich auch an unsere deutschen Hoschschulen ins Programm aufgenommen wurde. LG KK

    1. Hallo Kira,

      vielen Dank für deinen Beitrag. Es freut mich sehr zu lesen, dass auch jemand aus dem Lehrwesen die teilweise schlechte Situation erkennt und bewusst etwas dagegen unternimmt. Das Buch klingt sehr interessant und ich werde es mir in naher Zukunft auf jeden Fall ansehen!
      Dass Lern-Coaching nun zum Programm der deutschen Hochschulen gehört, ist vielleicht ein wichtiger Schritt und es müssen noch viele folgen.

      Viele Grüße
      Michael

  2. JA Schule prägt in den meisten Fällen fürs Leben, nämlich früh die Ellenbogen auszupacken und nur nach TOP Noten zu streben. Was ich mir gewünscht hätte, wäre die Vermittlung von Werten und Zielen auch unabhängig von Noten gewesen. Wieso soll Glück und Zufriedenheit nur mit Super Noten erreichbar sein, und was lastet bereits in der Kindheit auf den Schultern für die Zukunft einer ganzen Gesellschaft? Der Leistungsdruck wird trotz des Erkennens darüber aber nicht weniger, sondern mehr. Stromlinienförmig werden Karrierewege bereits im Kindergarten geplant und vorangetrieben. Leider gab es zu meiner Schulzeit noch keine Waldorfschulen, sodass das herkömmliche Schulsystem geprägt hat und man sich später abmüht, gewisse Dinge abzustreifen und neu zu lernen. Aber auch heute noch werden Eltern, belächelt die sich aus dem System ausklinken.

    1. Hallo Gabi,

      du sprichst das sehr wichtige Thema an, dass gute Noten leider das einzige Ziel der Schüler sind. Es ist schon beinahe lächerlich, wie Schüler sich das Leben schwer machen, um gute Noten zu erhalten und später im Berufsleben wird erst gar nicht mehr danach gefragt (außer natürlich in den Bewerbungsphasen).
      Schüler werden auf den Berufsalltag vorbereitet, aber nicht auf das alltägliche Leben und daran muss sich etwas ändern.
      Dass Eltern, die unkonventionelle Wege gehen, belächelt werden, ist nicht verwunderlich. Alles, was der breiten Masse widerspricht, wird gefürchtet und ausgegrenzt. Aber das sollte niemals ein Grund sein, sich der Allgemeinheit anzupassen 🙂
      Ich wünsche dir eine schöne Woche!

      Viele Grüße
      Michael

  3. Lieber Michael, vielen Dank für diese Zeilen. Die sprechen mir aus dem Herzen. Die wesentlichen Dinge des Lebens werden in unserer Gesellschaft überhaupt nicht gelehrt und sehr wenig gelebt. Kaum ein junger Mensch kennt noch Werte und Normen wie zum Beispiel“ Guten Tag Herr..oder Frau..mit Namen. “ Gefühle zeigen, zu sich selber stehen und darauf stolz sein, wird ungerne gesehen. Und da unser System von vielen kleinen „Steinchen“ geprägt ist ist es sehr schwer Veränderungen zu Leben. Es gäbe noch so viel zu diesem Thema zu sagen, doch das sprengt den Rahmen. Aufjedenfall finde ich es sehr wichtig und richtig, über diese Dinge zu schreiben und zu diskutieren. Vielleicht gibt es doch noch einige positive Veränderungen…und vielleicht werden Menschen auch herzlicher.

    1. Hallo Klaudia,

      ich kann dir nur Recht geben und es IST sehr wichtig und richtig, diese Themen offen anzusprechen und darüber zu diskutieren. Ich bin mir sicher, dass sich etwas verändern kann, wenn man die richtigen Ansätze verfolgt und werde gemeinsam mit einigen anderen Menschen aus entsprechenden Branchen in den nächsten Jahren an neuen Konzepten arbeiten.
      Durch das „Trimmen“ der Kinder erschaffen wir aktuell eine unpersönliche Arbeitsgesellschaft und ich bin überzeugt davon, dass wir durch konstruktive Wertevermittlung an die Kinder auch eine persönlichere, sozialere und friedlichere Gesellschaft erschaffen können.
      Ich wünsche dir eine schöne Woche!

      Viele Grüße
      Michael

  4. Lieber Michael,
    deine Worte sprechen mir einmal mehr aus der Seele. Ich erfahre viele der von dir angesprochenen Punkte seit einigen Jahren in Person meiner Tochter sozusagen am eigenen Leib. Ich bin seit vielen Jahren als Elternvertreter engagiert, weil ich hoffe, auf diese Weise wenigstens ein bisschen für Veränderungen zu sorgen, aber es ist ein sehr mühevoller und oft auch frustrierender Versuch.
    Zwei Dinge enttäuschen mich besonders an unserem Schulsystem:
    1. in vielen (weiterführenden) Schulen gab es offensichtlich kaum Veränderungen in der Unterrichtsgestaltung seit ich vor nunmehr 30 Jahren die Schule verlassen habe.
    2. Die Schüler lernen nicht zu lernen. Ich halte das für eine der wichtigsten Schlüsselqualifikationen in unserer Zeit, aber gerade in den Schulen wird sie nicht vermittelt. Spätestens mit dem Beginn des Studiums wird daraus ein Nachteil, weil die eigenverantwortliche Selbstorganisation fehlt.
    Leider ist (Schul)Bildung auch ein beliebtes Spielfeld der Politik, was die ganze Sache noch mehr erschwert.
    Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt!

    Viele Grüße
    Rudolf

    1. Hallo Rudolf,

      vielen Dank für deine freundlichen Worte. Als engagierter Vater hast du natürlich einen sehr guten Überblick über die Gesamtsituation und ich kann dir bei deinen „Beobachtungen“ nur zustimmen. Im Bildungssystem werden nur die nötigsten Änderungen vorgenommen. Welchen Grund zur Veränderung hätte die Regierung denn auch?
      Weiterhin hast du Recht damit, dass das fehlende Selbstmanagement der Schüler ein großes Defizit ist, das sich im Laufe der Zeit zu einem immer größeren Problem entwickelt.
      Die Hoffnung stirbt zuletzt, das ist richtig. Ich werde mich in den kommenden Jahren verstärkt für eine Veränderung und neue Lösungsansätze engagieren und ich kenne auch einige Menschen, die dieselben Ziele verfolgen. Bleiben wir gespannt, wie es sich entwickeln wird!

      Viele Grüße
      Michael

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