Ein etwas anderer Ansatz, darüber nachzudenken…

Hast du dich schon einmal dabei erwischt, in ein altes Muster zurückzufallen? Hast du ein schädliches Verhalten wiederholt, obwohl du es unterlassen wolltest? Bist du zu einem Menschen zurückgekehrt, den du eigentlich hinter dir lassen wolltest? Hast du einen Fehler wiederholt, weil du das Gefühl hattest, dass etwas anderes dich auch nicht weiterbringen würde? Wenn ja, dann ist das kein Grund zur Scham. Es ging uns allen bereits so. Wir alle machen hin und wieder alte Fehler und dafür gibt es verschiedene Gründe:

  • Wir werden schwach und deshalb gibt unsere Willenskraft nach.
  • Wir lassen uns von unseren Emotionen überrollen und vergessen deshalb jede Vernunft.
  • Wir sehen keine andere Perspektive und glauben, Fehler zu machen sei immer noch besser als untätig zu bleiben.

Für alle drei Gründe möchte ich dir heute jeweils ein Beispiel nennen, mit dem du dich vielleicht identifizieren kannst. Es folgen drei kurze Geschichten, die ich so wirklich mit anderen erlebt habe. Allerdings werde ich die jeweiligen Namen der Hauptfiguren und die Details ein wenig abändern, um diese Personen und ihre Identitäten zu schützen.

1. Lieber eine schlechte Gewohnheit als keine?

Peter wollte unbedingt mit dem Rauchen aufhören. Ab einem gewissen Punkt hatte er so große Angst vor den möglichen gesundheitlichen Konsequenzen, dass er Nägel mit Köpfen machte und nach langen Jahren das Rauchen aufgab. Er spürte jedoch schnell Entzugserscheinungen. So war er z.B. im Alltag nervöser und er aß mehr, weil er die Sucht nach einer Zigarette mit Snacks kompensierte. Es dauerte nur wenige Wochen, bis er wieder anfing zu rauchen. Als ich ihn darauf ansprach, sagte er mir: „Das Rauchen ist nur eine einzige schlechte Gewohnheit. Wenn ich damit aufhöre, entwickle ich zu viele andere. Ich esse dann zu viel, nehme zu, lebe ungesund und bin permanent gestresst. Da rauche ich lieber.“

2. Lieber mit den falschen Menschen als allein?

Kathrin steckte jahrelang sehr unglücklich in einer Beziehung fest. Irgendwann fand sie endlich den Mut, sich von ihrem Partner zu trennen und begann ein neues Leben. Das brachte jedoch Konsequenzen mit sich. Sie gab nicht nur ihren Partner auf, sondern auch den gemeinsamen Freundeskreis und so änderte sich zusätzlich ihr Sozialleben. An den Wochenenden ging sie nicht mehr mit den gemeinsamen Freunden aus, sondern blieb allein zu Hause. Sie fühlte sich zunehmend einsam. Diese Einsamkeit nagte so stark an ihr, dass sie sich schließlich dazu entschied, doch wieder Kontakt zu ihrem Ex-Freund aufzunehmen. Die beiden wurden erneut ein Paar und Kathrin kehrte zurück in den Kreislauf ihres Unglücks. Schon nach kurzer Zeit wollte sie wieder aus der Beziehung fliehen.

3. Lieber eine schlechte Chance als gar keine?

Robert ging gerne ins Spielcasino, bis er schließlich all sein Geld verlor. Er begriff, dass die Spielsucht ihn auffraß und traf die richtige Entscheidung: Er ließ die Spieltische hinter sich. Nach wenigen Monaten jedoch war er gelangweilt und frustriert. Zu Hause fühlte er sich nutzlos und es fehlte ihm der „Kick“. Also ging er doch wieder spielen und vertiefte seine finanziellen Probleme. Im Gespräch mit mir offenbarte er: „Naja, auch wenn die Gewinnchancen im Casino nicht immer sonderlich gut stehen, ist das immer noch besser als gar keine Chance zu ergreifen. Man muss doch gute Gelegenheiten erschaffen, oder nicht?“

Die Lösung aller genannten Probleme

Ich werde dir eine simple Frage stellen und die Antwort darauf wird dir die Lösung auf alle drei genannten Probleme liefern: Ist es sinnvoll Gift zu trinken, weil man Durst hat?

Wenn wir wissen, dass etwas uns schadet, weil wir den Schaden bereits in der Vergangenheit erlitten haben, dann gibt es KEINEN Grund uns erneut zu schaden. Klingt kompliziert, ist aber die blanke Wahrheit!

  1. Peter war der Meinung, durch das Aufgeben einer negativen Gewohnheit (Rauchen) würde er andere schlechte Gewohnheiten entwickeln. Also hat er die alte und „bewährte“ wieder aufgegriffen. Er hat also das gute alte Gift getrunken, das er schon kennt, anstatt nach Wasser zu suchen. Die richtige Alternative wäre in diesem Beispiel, die alten Gewohnheiten durch positive und gesunde zu ersetzen!
  2. Kathrin ist in eine nicht funktionierende Beziehung zurückgekehrt, weil sie sich einsam fühlte. Sie hat das Gift getrunken, weil sie durstig war. Wäre es nicht sinnvoller gewesen die Einsamkeit zu nutzen, um herauszufinden, was sie wirklich will? Dann hätte sie sich auf die Suche nach dem richtigen Partner machen und sich viel Zeit und Ärger sparen können.
  3. Robert hielt die Rückkehr ins Spielcasino für die einzige Chance Erfolg zu haben. Er trank lieber Gift als gar nichts. Auch er hätte nach Wasser suchen können, in Form einer produktiven und nicht-destruktiven Freizeitaktivität.

Ersetzen statt aufgeben!

Oft fehlt uns der Mut oder schlicht und einfach die Perspektive, um Dinge zum Positiven zu verändern. Deshalb glauben wir, keine Alternative zu haben und so kommt es schließlich zum berühmten Rückfall in alte Muster.

Meiner Meinung nach funktioniert es nicht, negative Verhaltensmuster einfach aufzugeben. Wir müssen sie durch bessere ersetzen. Etwas aus dem Leben zu verbannen bedeutet, eine Lücke zu eröffnen. Diese Lücke wollen wir früher oder später wieder füllen, das ist völlig normal. Falls wir in der Zwischenzeit nichts Neues gefunden oder etabliert haben, das diese Lücke auf eine produktive und positive Weise füllt, greifen wir auf das zurück, was wir ohnehin haben: Die gute alte schlechte Gewohnheit. Oder einfacher gesagt: Wenn wir in der Zwischenzeit noch kein Wasser gefunden haben, nehmen wir einfach das altbekannte Gift. Das fühlt sich irgendwie besser als gar nichts an, auch wenn das natürlich ein Trugschluss ist.

In den letzten Jahren haben diese Gedanken mir und vielen anderen Menschen dabei geholfen, schlechte Gewohnheiten durch bessere zu ersetzen und ich hoffe, dass auch du dich dazu inspirieren lässt, das gute alte Gift endlich durch Wasser zu ersetzen.

Es ist schön, dass du dabei bist.
Michael

Titelbild: Unsplash.com, Andrew PVV