Es wird nicht einfacher…

Wie ihr wisst, habe ich vor etwas mehr als einem halben Jahr ein einjähriges Selbstexperiment begonnen, bei dem ich herausfinden möchte, was ein Mensch alles schaffen kann, wenn er ein Jahr lang ohne Wenn und Aber völlig diszipliniert ist.

(Falls du das noch nicht wusstest, erfährst du hier mehr darüber.)

Im November 2020 habe ich euch ein Update gegeben und mitgeteilt, dass ich leichte Modifizierungen am Konzept vornehme und neu starte, da es mir absolut unmöglich war, dem ursprünglichen Plan zu folgen. (Mehr dazu hier)

Und nun haben wir inzwischen April. Was ist seit dem letzten Update passiert? Welche positiven Ergebnisse haben sich eingestellt? Und was hat gar nichts gebracht? Schauen wir uns das doch mal an!

Man muss Schmerzen mögen…

Man muss Schmerzen mögen, um sich auf so etwas einzulassen und es wirklich durchzuziehen. In den letzten 5 Monaten habe ich unter anderem die folgenden Gewohnheiten etabliert und mir die größtmögliche Mühe gegeben, sie alle einzuhalten und durchzuziehen:

  • Feste Schlaf- und Aufstehzeiten. Vor allem feste Aufstehzeiten. Der Wecker wird niemals angepasst.
  • Jeder Tag wird bereits am Vorabend geplant und in Zeitblöcke unterteilt, um maximale Effizienz zu gewährleisten.
  • Ein tägliches Bewegungs-Minimum von 10.000 Schritten.
  • Sich zweimal am Tag die Zeit nehmen, um positive Affirmationen aufzuschreiben und zu reflektieren.
  • 30 Minuten am Tag lesen. Das heißt: Sich explizit Zeit nehmen, um zu lesen und es sich mit einem Buch gemütlich machen. Kein Roman, sondern etwas Bildendes.
  • Jeden Tag mindestens 15 Minuten lang aufräumen: Dokumente abheften, Organisationsstrukturen aufrechterhalten, Umfeld geordnet beibehalten, usw.
  • An jedem Werktag 4 Stunden „Deep Work“ einrichten, also einen 4 stündigen Arbeitsblock, bei dem ich nicht gestört werde und fokussiert an meinen größten Projekten arbeite.
  • Jeden Tag 30 Minuten in meine kreative und intellektuelle Ausbildung investieren. In meinem Fall: Gitarre spielen, Klavier spielen, mich handwerklich weiterentwickeln, eine neue Sprache erlernen.
  • Mir jeden Tag 30 Minuten „kreative Zeit“ einrichten: Selbstreflexion, Ideen sammeln, den Überblick über alles behalten und das Große Ganze ins Visier nehmen.
  • Täglich meditieren.

Nicht übel, oder? Während du das alles liest, kommt dir vielleicht der Eindruck, es sei viel. Und das ist es auch. ABER, und hier kommt mein großes Aber, ich möchte nicht meckern. Schließlich ist das Ganze eine Machbarkeitsstudie. Es geht nicht darum, einen bequemen Alltag zu haben. Betrachte es wie ein wissenschaftliches Experiment. Die Frage hinter all dem lautet: „Wie viel kann ein Mensch in einem Jahr erreichen, wenn er all das (und mehr!) durchzieht?“

In meinem Fall hatte ich zwischenzeitlich das Gefühl, ich habe gute Chancen, einen Burnout zu erreichen und deshalb gehe ich runter vom Gas. So sehr es mir widerstrebt mir das einzugestehen, muss ich ganz ehrlich sagen, dass all diese Maßnahmen nicht in meinen Alltag passen.

Und hier kommt noch einmal ein großes ABER: Das heißt nicht, dass dieses Selbstexperiment nicht machbar ist. Es ist in dieser Form einfach nicht für mich machbar.

Erkenntnis: Man sollte differenzieren

Wäre ich wieder 21 Jahre alt und ganz am Anfang meiner Reise, dann wäre dieser Maßnahmeplan ein Segen für mich. Er würde mich aus der Komfortzone locken, meinen Intellekt fordern und meine Gesundheit fördern. Ich würde stärker werden und mich darauf vorbereiten, jemand zu sein, der in der Lage sein wird, große Herausforderungen zu stemmen. Dabei geht es nicht um „Höher, schneller, weiter“, sondern um Grenzerfahrungen und darum zu erkennen, was wirklich in einem steckt. Die meisten, die in der Komfortzone feststecken, trauen sich nichts von all dem zu. Da ist so ein Selbstversuch mit seinen Maßnahmen ein echter Augenöffner.

Allerdings bin ich nicht mehr 21 Jahre alt. Ich habe bereits einen großen Verantwortungsbereich und auch ohne das Selbstexperiment ein sehr strammes Pensum. Unternehmen, Bücher, Blog und Social Media halten mich auf Trab. Als ich das Selbstexperiment begann, wollte ich nicht, dass diese Dinge eine Ausrede sein können. Jetzt, nachdem auch meine Gesundheit gelitten hat, weiß ich, dass es Zeit ist, vernünftig zu sein. Wenn man z.B. seit über 24 Stunden wach ist und somit all seine Schlaf- und Aufstehpläne über Bord geworfen hat, dann sollte man sich schlafen legen und nicht daran denken, dass man noch 10.000 Schritte gehen und Dokumente sortieren muss.

Es kann trotzdem weitergehen

Ich könnte es mir jetzt richtig bequem machen und mich auf meinen Ausreden ausruhen. Einfach behaupten, es sei nicht möglich, das Selbstexperiment durchzuziehen. Das könnte ich. Aber das werde ich nicht, denn das passt nicht zu meinem Naturell. Stattdessen suche ich nach Wegen, das Experiment anzupassen, damit der EIGENTLICHE Zweck erreicht wird. Der eigentliche Zweck ist nämlich, innerhalb eines Jahres unglaubliche Fortschritte zu machen und nicht, bis zur völligen Erschöpfung zu schuften. Und hier kommen mir meine bisherigen Erfahrungen zugute.

Nicht alle Maßnahmen waren schlecht. Im Grunde genommen ist keine von ihnen schlecht. Es ist nur so, dass einige von ihnen sich kontraproduktiv auf meinen Alltag auswirken. Aber manche von ihnen haben sich sehr, sehr positiv auf mich ausgewirkt und ich würde gerne diesem Ansatz folgen.

Mir jeden Tag 30 Minuten „kreative Zeit“ einzurichten, in der ich mich um nichts anderes als Selbstreflexion und Organisation kümmere, hat wahre Wunder bewirkt. Es ist so, als würde man aus einem Labyrinth herausfliegen und den Irrgarten von oben betrachten. Oft stecken wir einfach in gewissen Dingen drin und sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Sich ganz bewusst hinzusetzen, alle Ablenkungen zu eliminieren und nur an einem klaren Durchblick zu arbeiten, ist wahrlich Gold wert.

Ebenso war es ein Segen, mehr Zeit meiner kreativen und intellektuellen Ausbildung zu widmen. Jeden Tag Gitarre oder Klavier zu spielen oder einfach nur etwas mit den eigenen Händen zu bauen, hat mir unwahrscheinlich viel Lebensqualität gegeben und meine Kreativität massiv gefördert.

4 Stunden „Deep Work“, sofern sich ganze 4 Stunden einrichten ließen, haben nicht nur meine Effizienz, sondern auch meine Konzentration verbessert.

Eine neue Richtung

Deshalb arbeite ich aktuell an Ideen und Möglichkeiten, das Selbstexperiment umzubauen und ihm eine neue Ausrichtung zu verleihen. Es sollte weniger darum gehen, leistungsfähiger und stärker zu werden. Vielleicht kann es auch dazu führen, effizienter zu werden und im wahrsten Sinne zu sich zu finden.

Ich weiß, dass ich mir diesbezüglich viele schlaue Sprüche anhören werde, von der Sorte: „Das hätte ich dir auch vorher sagen können.“

Mir ist selbst völlig bewusst, dass es im Leben nicht um „Höher, schneller, weiter“ geht. Warum sonst sollte ich seit 7 Jahren Bücher darüber schreiben? Bei diesem Selbstexperiment ging es allerdings nie um Sinnhaftigkeit, sondern um Machbarkeit. Und die Machbarkeit ist, zumindest in meinem Fall, einfach nicht gegeben.

Jetzt widme ich mich neuen Zielen und Ansätzen. Denn, wenn ich ein einjähriges Programm auf die Beine stellen kann, das Menschen dabei hilft, effektiv und konsequent zu sich zu finden sowie mehr echte Lebensqualität zu empfinden, dann riecht das für mich nach einem großen Mehrwert. Das ist es mir wert, einige Strapazen auf mich zu nehmen und diesem Pfad zu folgen. Ich bleibe dran!

Das war also das Update zum Selbstexperiment. Was sind deine Gedanken dazu? Und welche Maßnahmen könntest du dir vorstellen, die im Alltag dabei helfen, wieder mehr zu sich zu finden?

Ich freue mich auf deine Anregungen und wünsche dir einen wunderbaren Tag!

Es ist schön, dass du dabei bist.
Michael

Titelbild: Unsplash.com, Sydney Sims